Nach der aufgelösten »Revolutionären 1. Mai Demo« in Stuttgart mit Gewalt und einer Reihe Verletzter hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) das Vorgehen der Polizei verteidigt. Strobl sagte am Donnerstag, die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut. Menschen dürften sich friedlich und ohne Waffen versammeln, dies garantiere das Grundgesetz. Wer es aber auf Gewalt anlege, brauche sich nicht zu wundern, wenn die Polizei eine Versammlung konsequent auflöse. Die Störenfriede am Mittwoch seien offensichtlich auf Krawall eingestellt gewesen, es seien präparierte Holzlatten, Fahnen und Stangen sichergestellt worden.
Im Laufe der Demonstration hatte die Polizei 167 Personen vorläufig festgenommen, inzwischen sind alle wieder auf freiem Fuß. Es wurden Ermittlungen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Außerdem gehe es vereinzelt um den Vorwurf des Landfriedensbruchs und um den Verdacht der Beleidigung. Ein Polizeisprecher sagte, das Videomaterial werde nun auf strafbare Handlungen untersucht. Die Zahl der Menschen, gegen die ermittelt werde, könne sich noch erhöhen, sagte der Polizeisprecher. Bei der Demonstration am Mittwoch hatte es Gewalt und eine Reihe Verletzter gegeben, die Kundgebung wurde schließlich aufgelöst. 25 Einsatzkräfte und drei Polizeipferde seien verletzt worden, hieß es von den Einsatzkräften. Die Beamten erlitten Zerrungen und Prellungen.
Die Organisatoren der Demonstration wollen den Polizeieinsatz vor Gericht überprüfen lassen. Das sagte ein Sprecher. Die Polizei sei nicht von Teilnehmern des Protestzugs angegriffen worden, es habe auch keine Schläge von Demonstranten gegen Polizisten gegeben, sagte der Sprecher. Für die Überprüfung eines Polizeieinsatzes sind in der Regel die Verwaltungsgerichte zuständig, sie können die Rechtswidrigkeit feststellen.
Demo-Organisatoren widersprechen Polizei
Kim Northeim, Sprecherin des Bündnisses zur »Revolutionären 1. Mai Demonstration« widersprach der Darstellung der Polizei. Die Sprecherin sagte am späten Mittwochabend laut Mitteilung: »Die Behauptungen der Polizei entbehren jeglicher Grundlage und dienen einzig dem Zweck, im Nachhinein eine Rechtfertigung für den gewaltsamen Angriff auf die Demonstration zu konstruieren.« Wenn Einsatzkräfte durch Pfefferspray verletzt worden seien, dann durch den massiven Einsatz von Reizgas aus den eigenen Reihen. Die Polizei interpretiere beschlagnahmtes Material - etwa Halterungen von Hoch-Transparenten und Schildern an Holzlatten - zu Angriffswerkzeug um, ohne dafür einen Beleg zu präsentieren, so Northeim.
Die Polizei schilderte, die Einsatzkräfte hätten die gewaltvolle Personengruppe der Demo schließlich umschlossen. Die anderen Versammlungsteilnehmer hätten sich dann solidarisiert und die Polizisten bedrängt. Weiter hieß es in der Polizeimitteilung: »Da sich die Versammlungsleitung und die Teilnehmer völlig unkooperativ zeigten, wurde die Versammlung durch die Versammlungsbehörde aufgelöst.«
Die Sprecherin des Bündnisses hatte erklärt, bisher wisse man von »95 Verletzten durch Angriffe der Polizei«. Dabei sei es insbesondere zu Prellungen durch den Einsatz von Schlagstöcken sowie zu Augen- und Hautreizungen durch Pfefferspray gekommen. Die Demonstration unter dem Motto »Zeit für einen neuen Aufbruch – Gegen Krieg, Faschismus und Ausbeutung« sei ohne Zwischenfälle vom Karlsplatz in Richtung Stuttgart-Süd gestartet. »Am Anfang der Tübinger Straße stoppte die Polizei unsere Demo und setzte ohne Vorwarnung Schlagstöcke und große Mengen Pfefferspray ein«, sagte Northeim. »Danach ritt die Polizei auf Pferden in einer Kette mehrmals von vorne mitten in die Demonstration hinein.«
Nach Angaben eines Polizeisprechers nahmen an der Demonstration überwiegend Menschen aus dem linken Spektrum teil, darunter auch aus der linksradikalen Antifa. In der Spitze der Demo mit rund 450 Teilnehmern hatten sich laut Polizei rund 150 Personen zu einem Block formiert, mit Masken, Tüchern und Sturmhauben vermummt.
Gewerkschaft: Linke Szene nicht außer Acht lassen
Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sagte: »Bei allem Engagement gegen Rechts darf man die linke Szene nicht außer Acht lassen.« Die sei in Stuttgart besonders mit teilweise entsprechender Gewaltbereitschaft. Ein Polizeisprecher sagte, bei Durchsuchungen seien bei Teilnehmern eine Vielzahl an Pyrogegenständen, weiteres Vermummungsmaterial, Feuerlöscher, Rauchtöpfe und Handschuhe gefunden worden.
Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) teilte mit: »Mit gefährlichen Werkzeugen ausgestattete Randalierer und Gewalttäter haben das Demonstrationsrecht missbraucht und damit letztlich auch der großen Idee des Mai-Feiertags Schaden zugefügt. Wer Polizeibeamte angreift und verletzt, greift uns alle an.« Er danke den Polizeibeamten für ihren Einsatz zum Schutz der Demokratie und wünsche den verletzten Beamtinnen und Beamten baldige Genesung.
Mitteilung der Polizei vom Abend - mit Fotos
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