Bauministerin Nicole Razavi will die Aufstockung von Gebäuden weiter erleichtern, um die Schaffung von Wohnraum zu fördern. Mit der Reform der Landesbauordnung gehe man noch einen Schritt weiter, indem der Bestandsschutz neu geregelt werde, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. »Wird zum Beispiel ein bestehendes Gebäude aufgestockt, umgebaut oder umgenutzt, sollen zukünftig nicht im ganzen Haus die heutigen - oft strengeren - Vorschriften zum Brandschutz gelten. Denn nachträgliche Brandschutzmaßnahmen machen einen Umbau oftmals deutlich teurer.«
Man mache damit in der Landesbauordnung den Weg für mehr Wohnraum im Bestand komplett frei. Bereits 2019 wurde festgelegt, dass Dachaufstockungen keine zusätzlichen Stellplätze erforderlich machen und auch keine zusätzlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit. Seit Anfang 2023 gilt zudem, dass solche Aufstockungen auch keine Aufzugverpflichtung auslösen. Razavi sagte: »Aber natürlich brauchen wir auch weiterhin zusätzlichen Wohnraum durch Neubau. Denn jede Wohnung zählt.«
Zugleich rief die CDU-Politikerin die Eigentümer von leerstehenden Mietwohnungen dazu auf, diese schnell wiederzubelegen. »Viele dieser Wohnungen stehen auch leer, weil sie gerade renoviert oder saniert werden.«
Regierung will Neuerungen bis 2025 durchbringen
Das Kabinett hatte die Änderung der Bauordnung vor der Sommerpause auf den Weg gebracht. Im nächsten Schritt können sich nun etwa Verbände zu den geplanten Änderungen äußern. Danach geht die Reform nochmal ins Kabinett, anschließend soll der Landtag darüber entscheiden. Ziel sei, dass die Reform 2025 in Kraft treten könne, teilte das Bauministerium Ende Juli mit.
In der Reform der Bauordnung sind neben den Regeln zur Aufstockung auch weitere Vereinfachungen vorgesehen. Unter anderem will die Landesregierung eine sogenannte Genehmigungsfiktion einführen. Das bedeutet, dass bestimmte Bauanträge, über die die Behörden nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von derzeit zwei bis drei Monaten entscheiden, automatisch als genehmigt gelten. Zudem will die Regierung bestimmte Widerspruchsverfahren abschaffen und die Fristen für Einsprüche von Nachbarn kürzen.
Die Änderungen stoßen jedoch nicht überall auf Begeisterung. Kritik kam vom Städtetag und von der Architektenkammer Baden-Württemberg. »Diese sogenannte Genehmigungsfiktion versucht, Symptome langer Antragsverfahren zu beheben, beseitigt aber nicht die eigentlichen Ursachen«, hatten Ralf Broß und Hans Dieterle vom Städtetag und von der Architektenkammer Ende Juli kritisiert. Die Verbände fürchten, dass die Genehmigungsfiktion nur eine scheinbare Beschleunigung der Verfahren bringe und Bauvorhaben dann während der Ausführung gestoppt werden müssten, weil dagegen geklagt werde.
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