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Auch Verwaltungsgerichtshof widerspricht Kretschmann

Winfried Kretschmann
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) schaut in die Runde. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) schaut in die Runde. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

STUTTGART. Auch die Justiz hat dem Vorstoß von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für einen Pandemie-Notstand eine Absage erteilt. »Dem Vorschlag, durch besondere Pandemiegesetze auch eventuell unverhältnismäßige Maßnahmen zu ermöglichen, steht entgegen, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip als ein wesentliches Element unseres Rechtsstaatsverständnisses im Grundgesetz verankert ist«, sagte der Sprecher des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Matthias Hettich. Er betonte, dass die Verwaltungsgerichte aufgrund ihres verfassungsrechtlichen Auftrags ausschließlich nach Recht und Gesetz entschieden, ob staatliche Maßnahmen des Infektionsschutzes unverhältnismäßig in die Grundrechte der Bürger eingreifen.

Kretschmann hatte im Interview mit »Stuttgarter Zeitung« und »Stuttgarter Nachrichten« (Freitag) vorgeschlagen, harte Eingriffe in die Bürgerfreiheiten zu ermöglichen, um Pandemien schneller in den Griff zu bekommen. Er monierte aus seiner Sicht zu weit gehende Gerichtsentscheidungen: »Von Beginn an haben uns die Gerichte viele Instrumente gegen die Pandemie aus der Hand genommen, weil sie gesagt haben, diese seien nicht verhältnismäßig gegenüber dem Bürger.« In diesem Punkt gälten verschiedene Maßstäbe für Regierungen und Gerichte.

Hettich unterstrich: »Für die Bürgerinnen und Bürger ist es wichtig, sich darauf verlassen zu können, dass eine unabhängige Kontrolle des Handelns des Gesetzgebers und der Verwaltung stattfindet.« Es stelle sich die Frage, welche VGH-Entscheidungen der Landesregierung elementare Instrumente der Pandemiebekämpfung aus der Hand genommen hätten.

CDU, SPD, FDP und AfD im Bundestag hatten den Vorschlag des Grünen-Politikers, Freiheitsrechte der Bürger im Kampf gegen Pandemien noch drastischer einzuschränken, als rechtswidrig und inakzeptabel kritisiert. Später am Freitag hatte Kretschmann erklärt, er bedauere, dass das Interview zu »Missverständnissen« geführt habe. »Im Rechtsstaat gilt immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - und zwar immer und ohne Einschränkung.« Dieses zentrale Prinzip der Verfassung würde er nie in Frage stellen. »Umso mehr ärgert es mich, dass durch meine Äußerungen offenbar dieser Eindruck entstanden ist.« (dpa)