Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juni zum ersten Mal seit mehreren Monaten wieder gestiegen. Grund dafür sind Flüchtlinge aus der Ukraine, die erstmals in die Statistik eingehen, wie die Regionaldirektion der Arbeitsagentur am Donnerstag in Stuttgart berichtete.
Im Südwesten waren demnach fast 219 000 Menschen arbeitslos gemeldet, rund 14 800 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg im Vormonatsvergleich um 0,3 Punkte auf nun 3,5 Prozent. Im Juni 2021 hatte sie noch 3,9 Prozent betragen. Stichtag für die Erhebung der Daten war der 13. Juni.
Der Arbeitsmarkt sei gut durch die Corona-Pandemie gekommen, sagte der regionale Arbeitsagenturchef Christian Rauch. »Eine besondere Herausforderung stellt für die Jobcenter nun die Übernahme der Betreuung für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine dar.« Erwartungen, dass Kriegsflüchtlinge nun rasch den Fachkräftemangel im Land ausgleichen könnten, seien jedoch überzogen. »Vor einer dauerhaften Integration in den Arbeitsmarkt, die der Qualifikation der Einzelnen entspricht, sind zunächst Sprachkurse notwendig, die Organisation der Kinderbetreuung und gegebenenfalls auch die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse«, sagte Rauch.
Die Ukraine-Flüchtlinge werden inzwischen nicht mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern im Sozialgesetzbuch (SGB) II erfasst, also als Hartz-IV-Empfänger. Damit gehen sie auch in die Arbeitslosenstatistik ein und können nach Einschätzung der Arbeitsagentur leichter qualifiziert und vermittelt werden.
Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sagte, ohne die Einbeziehung der Flüchtlinge wäre die Arbeitslosigkeit wie schon in den Vormonaten leicht zurückgegangen. Viele der Ukraine-Flüchtlinge wollten arbeiten: »Die Landesregierung hat diese Fragen weiterhin im Blick, damit die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt nachhaltig erfolgen kann«, sagte die CDU-Politikerin.
Der Wirtschaftsverband Unternehmer Baden-Württemberg forderte die Bundesregierung dazu auf, angesichts des Fachkräftemangels zu handeln: »Die komplexen Anerkennungsverfahren in Deutschland sind für ausländische Fachkräfte oft nur schwer zu bewältigen.« Deutsche Auslandsvertretungen müssten mehr Personal bekommen, um die Zuwanderung von Arbeitskräften zu vereinfachen.
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