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Aras und die beleidigten Badener

Von wegen Feierlaune: Ausgerechnet das Landesjubiläum sorgt für Ärger zwischen Badenern und Württembergern. Die Badener fühlen sich mal wieder übergangen. Die Grünen schimpfen über die grüne Landtagspräsidentin. Und der Ministerpräsident, selbst ein Schwabe, ruft zur Einheit im Land auf.

Offener Zoff um eine Veranstaltung des Landtags zeigt, dass zwischen Badenern und Württembergern auch 70 Jahre nach der Landesgründung noch manches im Argen liegt. Nicht eingeladene Badener fühlen sich von einer Veranstaltung ausgegrenzt, zu der unter anderem der Landtag vor dem Landesjubiläum geladen hat. Badische Grünen-Landtagsabgeordnete kritisieren deshalb in einem Brief die Parteikollegin und Landtagspräsidentin Muhterem Aras scharf. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) versicherte am Dienstag, dass seine Regierung alle Landesteile berücksichtige. Er sagte aber auch: »Ich mach jetzt keine Baden-Quote.«

Hintergrund ist die Veranstaltung »Wer wir sind! Wer sind wir?« am 27. April in Stuttgart anlässlich des Landesjubiläums. Dazu haben unter anderem der Landtag und die Landeszentrale für politische Bildung eingeladen - und der Schwäbische Heimatbund. Die Landesvereinigung Baden hatte sich empört gezeigt, dass nur Stuttgarter und württembergische Organisationen beteiligt seien. Es entstehe der Verdacht, dass die Landespolitik »zentralistisch, schwäbisch denkt und auf die Mitwirkung der Zivilgesellschaft des badischen Landesteils verzichtet«, hieß es in einer am Donnerstagabend verabschiedeten Resolution. Der Landtag hatte die Kritik zurückgewiesen: Die eigentliche Landtagsjubiläumsveranstaltung sei erst am 4. Mai - und da seien die Badener dabei.

»Hier in Baden ist es schräg angekommen, dass die badische Seite nicht eingeladen ist zu einer Lesung und Diskussion, in der es um 70 Jahre Baden-Württemberg geht«, schreiben die acht Parlamentarier nun in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. »Wir sind auch mehr als verwundert, dass es hier immer wieder zu Missverständnissen kommen muss, indem die badische Seite nicht mitbedacht wird.« Zunächst hatte die »Bild« über den Brief berichtet.

Rund 11,1 Millionen Menschen leben nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Baden-Württemberg. 5,1 Millionen davon in den badischen Regierungsbezirken Karlsruhe und Freiburg, 6 Millionen in den württembergischen Regierungsbezirken Stuttgart und Tübingen.

Gerade in einer Veranstaltung, in der es um die Vereinigung beider Landesteile geht, wäre mehr Fingerspitzengefühl gefragt gewesen, kritisieren die badischen Abgeordneten. Sie wünschen sich von Aras eine Einladung der Landesvereinigung oder zumindest des Vereins Badische Heimat zu der Veranstaltung. Das wäre eine »schöne Geste«. »Gleichzeitig machen wir uns Sorgen, dass die weiteren Feierlichkeiten zum Landesjubiläum nur von württembergischer Seite her gedacht werden.« Immer wenn der Landtag involviert sei, dürfe der badische Aspekt nicht außer Acht gelassen werden.

Aras bekräftigt in ihrem Antwortschreiben ihre Position. Die Veranstaltung am 27. April sei keine Jubiläumsveranstaltung. »Sie hat lediglich einen mittelbaren Bezug zu 70 Jahre Baden-Württemberg«, schreibt Aras in dem Brief. Zudem sei der Landtag hierbei nur einer von mehreren Kooperationspartnern. Das Programm sehe auch keine Rückschau auf die Landesgeschichte vor. »Ich bedaure, dass wir nicht ausreichend differenziert haben zwischen dieser lokalen Tagung mit mittelbarem Bezug zum Jubiläum und dem Festakt des Landtags am 4. Mai zu 70 Jahre Baden-Württemberg.«

Bei den Jubiläumsveranstaltungen des Landes würde der badische Landesteil genauso berücksichtig wie der Rest, versicherte am Dienstag ein Regierungssprecher. Der Ministerpräsident selbst rief angesichts des Zoffs zur Einigkeit auf. »Das Land Baden ist im Land Baden-Württemberg aufgegangen. Heute gibts nur noch Baden-Württemberg.« Die Landesregierung achte in ihrer Politik darauf, dass das Land nicht ein Zentrum habe, sondern viele. Man schaue, dass das Land in all seinen starken Regionen stark bleibe.

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