So gingen die Ermittler nur noch von versuchtem gewerbsmäßigem Betrug und Geldwäsche aus, was ein weniger schwerwiegender Vorwurf sei als zuvor, machte Christ deutlich. Einer möglichen Fluchtgefahr könnte die Justiz mit Auflagen begegnen. Zudem seien alle Fragen beantwortet, sagte er. »Aus unserer Sicht ist es vollständig unerklärlich, was die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln will.«
Eine Sprecherin des Stuttgarter Oberlandesgerichts, das für die Entscheidung über die Haftfrage in diesem Fall zuständig ist, verwies auf eine Frist zu Stellungnahme an die Beteiligten. Diese ende erst am 30. Dezember, könnte aber auch auf Antrag der Verteidiger verlängert werden. Nach Ablauf werde zeitnah entschieden.
Bei einer Durchsuchung Ende Juni hatten sich laut Behörden-Angaben konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Ballweg sich ins Ausland absetzen wollte. Nach damaligen Angaben aus Justizkreisen bestand der Verdacht des Betruges in Höhe von rund 640.000 Euro sowie der Geldwäsche in Höhe von rund 430.000 Euro. Mittlerweile geht die Staatsanwaltschaft nur noch von einer versuchten Tat aus. Wann sie die Ermittlungen abschließt, war am Mittwoch offen.
Das Oberlandesgericht habe festgestellt, dass es keinen Geschädigten gebe, sagte Rechtsanwalt Christ. Diese Sachlage könne nicht mehr ausreichen, »um eine Freiheitsberaubung zu rechtfertigen«.
Zudem kritisierte er einen Amtsrichter, der einen Haftprüfungstermin abgebrochen habe. Ballweg habe nicht zu Ende vortragen können, sein Steuerberater habe als Zeuge zudem vergeblich vor der Tür gewartet. Der Haftbefehl sei daher aus ihrer Sicht nicht rechtswirksam.
Dagegen wolle das Anwalts-Team alle rechtlichen Mittel bis zur europäischen Ebene ausschöpfen, kündigte Christ an - sprich als letzten Schritt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Ein Sprecher des Stuttgarter Amtsgerichts räumte ein, dass der Termin nach mehreren Stunden abgebrochen wurde. Das zu entscheiden, sei aber Sache des Richters. Aktuell liege ein gültiger Haftbefehl des Oberlandesgerichts vor.
Die »Querdenken«-Bewegung hatte sich im Zuge der Corona-Pandemie von Stuttgart aus in vielen deutschen Städten formiert. Die Anhängerinnen und Anhänger demonstrierten immer wieder öffentlich gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Dabei gab es auch Angriffe auf Polizisten und Medienvertreter. Der Verfassungsschutz beobachtet die Szene wegen verfassungsfeindlicher Ansichten, Verschwörungsideologien und antisemitischer Tendenzen.
Strafprozessordnung zur Dauer der Untersuchungshaft
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