Der Abgeordnete Anton Baron ist neuer Vorsitzender der AfD-Fraktion Baden-Württemberg. Der 35-Jährige setzte sich am Dienstag nach mehreren Stichwahlen gegen den Parlamentarischen Geschäftsführer Emil Sänze durch. Baron ist Wirtschaftsingenieur und seit 2016 Abgeordneter für den Wahlkreis Hohenlohe. Er kündigte im Gespräch mit der dpa inhaltliche Kontinuität an. »Ich verfolge schon immer einen bürgerlich-konservativen Kurs«, sagte er. Die parlamentarische Arbeit soll »hart in der Sache, aber konstruktiv« sein.
»Ich bin sehr überrascht und erfreut über das Vertrauen meiner Fraktionskollegen, die sich damit für einen Generationswechsel entschieden haben«, teilte Baron mit. Jüngere Abgeordnete hatten seit längerem einen Generationenwechsel an der Fraktionsspitze der AfD gefordert. Kandidiert für den Vorsitz hatte unter anderem auch der Abgeordnete Miguel Klauß (36). Barons Angaben zufolge habe die Altersfrage bei den Wahlen keine Rolle gespielt. Die Wahl zwischen ihm und Sänze sei sehr knapp ausgegangen, hieß es aus der Fraktion.
Der Chefposten musste neu besetzt werden, weil der alte Fraktionschef Bernd Gögel wegen eines Strafbefehls aufgrund von Schwarzarbeitsvorwürfen vor kurzem seinen Rücktritt erklärt hatte. Die Fraktion hatte dann am Dienstag entschieden, »für einen personellen Neuanfang« den kompletten Vorstand neu zu wählen und zugleich den Vorstand von sieben auf fünf Posten zu verkleinern.
Man habe sich ad hoc entschieden, den gesamten Fraktionsvorstand neu zu wählen und damit »der Forderung nach Verjüngung« Rechnung getragen, sagte der Göppinger Abgeordnete Hans-Jürgen Goßner, der zu einem der drei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Die Abgeordneten Udo Stein (39) und Rainer Podeswa (65) wurden als Fraktionsvizes bestätigt. Daniel Lindenschmid (30) aus dem Wahlkreis Backnang wurde zum neuen Parlamentarischen Geschäftsführer bestimmt. Baron war einst selbst Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion - dieses Amt hatte ihm Sänze im April 2022 abgeluchst. Nun hat Sänze gar kein Amt im Vorstand mehr inne.
Der 72-Jährige hatte vor der Wahl angekündigt, die Fraktion im Falle seines Wahlsiegs auf einen lauteren und schärferen Kurs führen zu wollen. Dem widersprach Baron. »Wir wollen mit guter Sachpolitik überzeugen«, sagte er am Dienstag. Er wolle die Fraktion im Stil von Bernd Gögel fortführen. »Gögel hat sehr große Fußstapfen hinterlassen, das wird eine große Herausforderung für mich«, sagte er. Gögel habe die Fraktion in ruhige Gewässer gebracht, das wolle er gerne fortführen.
Unter den AfD-Abgeordneten tobte jahrelang ein Machtkampf zwischen gemäßigten Kräften und Anhängern des rechten Rands. Während Gögel als gemäßigt gilt, wird Sänze dem völkisch-nationalen Flügel der Partei zugerechnet. In der vergangenen Legislaturperiode sorgte die AfD für viel Tumult im Plenum, veranlasste sogar Polizeieinsätze.
Von Flügelkämpfen aber will der neue Vorsitzende nichts wissen. Dabei habe es sich stets um eine Fremdzuschreibung der Presse gehandelt, kritisierte Baron. Er halte nichts vom Rechts-Links-Schema. Gefragt nach dem Thüringer Rechtsaußen-Politiker Björn Höcke sagte Baron: »Das ist ein Bildungsexperte, ein durch und durch guter Fachpolitiker.« Baron räumte aber mit Blick auf die Parteikollegen im Osten ein, dass es dort eine andere soziale Prägung gebe.
Unmittelbar nach der Vorsitzendenwahl am Dienstag zeigte sich, dass es mit der Einigkeit unter den AfD-Abgeordneten nicht weit her ist. Sänze zog nach seiner Niederlage über den neuen Fraktionschef her. »Ich sitze seit 2016 im Landtag mit ihm, aber mir ist kein Profil aufgefallen«, sagte Sänze der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, wofür Baron stehe. Baron sei schon immer ein »Passgänger« gewesen, der sich an Starke angeschmiegt habe, sagte Sänze. »Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zu ihm, weil er oft intellektuell nicht folgen konnte - aber er ist ein netter Bursche.« Baron gebe sich liberal, sei aber kein Liberaler. Liberalität bedeute, dass man andere Meinungen wahrnehme, sagte Sänze.
Sänze kündigte an, sich nun auf die Parteiarbeit konzentrieren zu wollen. »Ich kann mich jetzt mehr dem Landesverband widmen.« Seit dem Frühsommer 2022 führt er den Landesverband gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier, der die Jugendorganisation »Junge Alternative« mitgegründet hat.
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