Wie konkret waren die Anschlagspläne auf eine Synagoge in Heidelberg? Noch ist vieles im Dunkeln, aber die Festnahme zweier junger Männer bereitet Sorgen. Die Israelitische Religionsgemeinschaft (IRG) Baden sieht eine deutliche Steigerung der Bedrohungslage für die jüdischen Gemeinden. »Zum einen war es kein Einzeltäter mehr, sondern es gibt zwei Verdächtige«, sagte der Vorsitzende der IRG Baden, Rami Suliman, der Deutschen Presse-Agentur. Zum anderen seien die jungen Männer nach Angaben der Ermittler bereit gewesen, sich als »Märtyrer« zu opfern. »Das macht mir Angst, das sind ja Verhältnisse wie in Israel. Damit ist eine ganz neue Stufe erreicht, die ich hier noch nicht erlebt habe«, sagte Suliman.
Er habe die Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Baden aufgerufen, besonders wachsam zu sein. Außerdem vertraue er der Polizei, die vor den Synagogen sichtbar und auch im Heidelberger Fall rechtzeitig zu Stelle gewesen sei.
Ähnlich hatte es der Zentralrat der Juden in Deutschland am Freitag formuliert. Seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 hätten Bund und Länder das System der Sicherheitsvorkehrungen an Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen überdacht und merklich verbessert, hatte ein Sprecher des Zentralrats gesagt und ergänzt: »Wir haben Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und der Fall in Heidelberg zeigt uns leider erneut, wie notwendig ein solcher Schutz ist.«
»Ein Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland ist immer auch ein Angriff auf unsere Werte und damit ein Angriff auf uns alle«, so der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Die Betroffenheit vor Ort ist groß: Am Freitagabend hatten sich vor der Synagoge mehrere hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine Menschenkette versammelt.
Auch die Evangelische Landeskirche in Baden stellte sich klar an die Seite der jüdischen Gemeinden. In einem am Samstag veröffentlichten Schreiben an den Rabbiner Jona David Pawelczyk-Kissin hieß es: »Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt Ihnen und den Mitgliedern Ihrer Gemeinde. Wir sind Gott dankbar, dass die Anschlagspläne rechtzeitig aufgedeckt und so vereitelt werden konnten.« Es bleibe aber die tiefe Erschütterung, dass Jüdinnen und Juden in Baden und ganz Deutschland wieder um Leib und Leben bangen müssten, so Cornelia Weber, die Ständige Vertreterin von Landesbischöfin Heike Springhart, die sich derzeit auf einer Auslandsreise befindet.
Am Freitag waren die mutmaßlichen Pläne für den Anschlag auf Besucher einer Synagoge bekanntgeworden. Ein bereits verhafteter 18-Jähriger aus Weinheim in Baden-Württemberg soll sich mit einem weiteren jungen Mann, der ebenfalls in Haft sitzt, im Netz über einen Messerangriff auf die jüdische Einrichtung ausgetauscht haben, wie die Staatsanwaltschaften Stuttgart und Karlsruhe und das Landeskriminalamt mitteilten. Bei dem 18-Jährigen handelt es sich um einen Deutsch-Türken. Der andere, 24 Jahre alte Mann, ist laut Polizei deutscher Staatsangehöriger.
Die Pläne wurden durch eine Hausdurchsuchung aufgedeckt: Die Polizei hatte am 3. Mai die Wohnung des 24-Jährigen in Bad Friedrichshall im Kreis Heilbronn durchsucht - wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Der 24-Jährige hatte dabei einen Beamten mit einem Messer beworfen. Dem Mann wird nun außerdem versuchter Totschlag und ein besonders schwerer Fall des tätlichen Angriffs auf Einsatzkräfte vorgeworfen. Er soll möglicherweise ins Ausland gereist sein, um einen Terroranschlag vorzubereiten.
Weitere Details wurden auch am Wochenende zunächst nicht bekannt. Ob es sich bei dem angeblich geplanten Terrorakt um einen Angriff auf die Synagoge handelte, ist unklar. Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Gefährdung von Besuchern der Synagoge hätte es nicht gegeben, so die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Man habe früh genug eingegriffen, sagte ein Sprecher.
Bei der Auswertung der Beweismittel waren die Ermittler auf einen Chatverlauf mit dem 18-jährigen Weinheimer gestoßen. Die beiden Männer sollen sich im April über einen möglichen Messerangriff auf die Synagoge ausgetauscht haben. Einsatzkräfte des Landeskriminalamts und Spezialkräfte durchsuchten daraufhin am 18. Mai die Wohnung des 18-Jährigen und nahmen ihn fest. Der Verdacht gegen ihn: Verabredung zum Mord.
Die Synagoge in Heidelberg wurde 1994 eingeweiht. Laut der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg besteht die Gemeinde aus 420 Mitgliedern.
Mitteilung vom 03.05. - Bad Friedrichshall
Mitteilung vom 06.05. - Bad Friedrichshall
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