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AfD-Fraktionschef Gögel: Die Flegelhaftigkeit abgelegt

Die AfD-Fraktion galt jahrelang als von Flügelkämpfen beherrschte Chaostruppe, die gar für Polizeieinsätze im Landtag sorgt. Diese Zeiten seien vorbei, sagt Fraktionschef Gögel. Aber sein Gegner vom rechten Rand sitzt nun wieder im Vorstand.

Bernd Gögel
Bernd Gögel spricht bei einer Landtagssitzung im Plenarsaal am Rednerpult. Foto: Christoph Schmidt
Bernd Gögel spricht bei einer Landtagssitzung im Plenarsaal am Rednerpult.
Foto: Christoph Schmidt

Bernd Gögel ist erneut zum Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Landtag gewählt worden. Allerdings sitzt mit Emil Sänze nun auch sein größte Gegenspieler wieder im Fraktionsvorstand. Sänze setzte sich am Freitag bei der Wahl des Parlamentarischen Geschäftsführers gegen Anton Baron durch, wie ein Fraktionssprecher mitteilte. Ob damit der jahrelang tobende Machtkampf zwischen gemäßigten Kräften und Anhängern des rechten Rands wieder an Fahrt gewinnt, ist unklar.

Gögel berichtete der Deutschen Presse-Agentur nach seiner Wiederwahl, die Abgeordneten hätten mit großer Mehrheit für ihn gestimmt. Einen Gegenkandidaten habe es nicht gegeben. Wie viele der 17 Abgeordneten für ihn votierten, wollte er nicht verraten. Die Sitzung sei harmonisch verlaufen. Zu Gögels Stellvertretern wurden die Abgeordneten Rainer Podeswa, Rainer Balzer, Carola Wolle, Rüdiger Klos und Udo Stein gewählt. Alle Positionen seien im ersten Wahlgang mit deutlicher Mehrheit bestimmt worden, sagte Gögel. »Die Fraktion hat sich für Erfahrung und Professionalität entschieden.«

In der Fraktion tobte viele Jahre ein offener Machtkampf zwischen gemäßigten Kräften und Anhängern des rechten Rands. Gögel gilt als eher gemäßigt in der AfD und zog auch als AfD-Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf. Der ehemalige Fraktionsvize Emil Sänze aus dem völkisch-nationalen Lager gilt als sein Gegenspieler. Der 72-jährige Sänze hatte die neue Fraktion erst im Sommer 2021 als zu angepasst und stromlinienförmig bezeichnet. Die AfD müsse klare Kante zeigen, provozieren und wieder lauter werden. Gögel hatte sich damals energisch gegen die Kritik gewehrt. »Wir haben uns nicht angepasst, wir verhalten uns aber professioneller im Landtag«, sagte der 67-Jährige am Freitag nach seiner Wiederwahl.

Die AfD hatte bei der Landtagswahl 2021 herbe Verluste hinnehmen müssen. Der Stimmenanteil sackte im Vergleich zur Wahl 2016 um 5,4 Punkte auf 9,7 Prozent ab. Damit hat sie noch 17 Sitze im Landtag - 6 weniger als zuvor. Nach heftigen Machtkämpfen und Austritten waren am Ende der vergangenen Legislaturperiode gerade noch 15 Abgeordnete mit AfD-Mandat übrig geblieben. Die Fraktion hatte in den vergangenen Jahren vor allem mit internen Querelen und Provokationen Schlagzeilen gemacht. Der damalige AfD-Abgeordnete Stefan Räpple ließ sich etwa im Dezember 2018 nach Zwischenrufen von der Polizei aus dem Landtag führen - ein historischer Eklat.

Gögel hatte zu Beginn der neuen Legislatur eine andere Art des Umgangs im Parlament versprochen. Die AfD-Abgeordneten verhalten sich bislang auch deutlich zurückhaltender als in den vergangenen Jahren. Es gebe zwar noch verschiedene Grundströmungen in der Fraktion - so wie in jeder Partei, sagte Gögel. Aber das führe nicht mehr zu Verwerfungen unter den Abgeordneten. »Wir unterscheiden zwischenzeitlich zwischen der sachlichen Auseinandersetzung und Flegelhaftigkeit«, sagte Gögel. »Die haben wir abgelegt - deutlich schneller als die Grünen sie damals abgelegt haben.«

Gögel sagte, die Fraktion müsse nun nach dem Rückzug der Pandemie wieder hinaus auf die Straße und in die Gasthöfe, mit den Menschen reden. Die AfD sei eine Bewegungspartei. Vor allem junge Leute wolle die AfD erreichen, sagte Gögel auch mit Blick auf das jüngst beschlossene neue Landtagswahlrecht, nachdem nun auch 16- und 17-Jährige an Landtagswahlen teilnehmen dürfen. Die AfD hatte gegen die Wahlrechtsreform gestimmt.

© dpa-infocom, dpa:220408-99-846770/6