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Absteiger als Aufsteiger: Die Mittelstädt-Geschichte

Herausragende Linksverteidiger sind in Deutschland Mangelware. Kurz vor der Heim-EM hievt Julian Nagelsmann einen Kandidaten in den Kader, der noch vor wenigen Monaten ein Bundesliga-Absteiger war.

Fußball-Nationalmannschaft - Ankunft
Die Nationalspieler Maximilian Mittelstädt (l-r), Chris Führich und Deniz Undav kommen im Teamhotel in Gravenbruch an. Foto: Arne Dedert/DPA
Die Nationalspieler Maximilian Mittelstädt (l-r), Chris Führich und Deniz Undav kommen im Teamhotel in Gravenbruch an.
Foto: Arne Dedert/DPA

Natürlich hätte auch Maximilian Mittelstädt einen blauen Kapuzenpulli mit einem lässigen Mottospruch tragen können, so wie sein Stuttgarter Club-Kollege Deniz Undav. »I'm just a kid with a dream«, stand in englischer Sprache auf dem Oberteil des Angreifers bei der Ankunft im Teamquartier der Fußball-Nationalmannschaft. »Ich bin nur ein Kind mit einem Traum.« Das hätte auch zu Mittelstädt gepasst.

Während Undav noch seinen Koffer aus dem DFB-Shuttle hievte, schrieb Mittelstädt schon Autogramme für die Fans. Fleißig war er schon immer, sein sandfarbenes Outfit wirkte eher gewöhnlich. Doch der Traum des Fußball-Jungen Mittelstädt, der jünger erscheint als seine mittlerweile 27 Jahre, geht offenbar schneller in Erfüllung als bei seinen diversen Debütantenkollegen im Kreise der DFB-Elf wenige Monate vor der Heim-EM.

Als Bundestrainer Julian Nagelsmann zum letzten Training vor dem Abflug zum Testkracher gegen Frankreich nach Lyon bat, fand sich der gebürtige Berliner plötzlich in der Trainingsgruppe mit Antonio Rüdiger, Toni Kroos, Ilkay Gündogan und Jamal Musiala wieder - Stammspieler überall um ihn herum.

Gegen Frankreich dürfte Mittelstädt am Samstag (21.00 Uhr/ZDF) im Groupama Stadion als linker Außenverteidiger in der Startelf stehen - seit Philipp Lahms Rücktritt die deutsche Problemposition schlechthin. Diesen Aufstieg hätte noch vor zehn Monaten kaum jemand ernsthaft für möglich gehalten: Da spielte Mittelstädt noch mit seinem Jugendverein Hertha BSC gegen den Bundesliga-Abstieg. Das heißt, er spielte nicht oder nur selten. Denn für einen Stammplatz bei den notorisch schlechten Berlinern reichte es nicht mehr.

Zum Klassenerhalt des Hauptstadtclubs am Ende auch nicht. Doch Mittelstädt blieb der Bundesliga erhalten. Sein Wechsel zum VfB Stuttgart ging im Sommer förmlich unter, er war Teil des Hertha-Ausverkaufs zur Rettung der Zweitliga-Lizenz. Die Schwaben wurden eher dafür belächelt, einen Absteiger geholt zu haben, doch unter Trainer Sebastian Hoeneß wurde Mittelstädt Teil des Stuttgarter Saison-Märchens mit realistischer Champions-League-Perspektive. In 24 von 26 Bundesliga-Partien kam er zum Einsatz.

»Aber klar traue ich mir auch zu, der Mannschaft in der Startelf weiterzuhelfen«, sagte Mittelstädt nun zur DFB-Perspektive - als hätte er schon geahnt, dass die Zeiten günstig sind für eine steile Karriere. So viel Selbstgewissheit nehmen sich gerade wenige heraus im DFB-Zirkel, in dem Nagelsmann mit striktem Kurs eine klare Linie zieht zwischen den Rollen der Stammkräfte und Backups.

Mittelstädt, noch ohne jegliche Europapokal-Meriten, wurde vom Bundestrainer mit einem beachtlichen Label bedacht: Einer der vier besten Linksverteidiger in Europa sei dieser. Statistische Werte würden das belegen, versicherte Nagelsmann - ohne selbige zu benennen. Club-Trainer Hoeneß bewertete die Aussage als »krass«, Mittelstädt musste über das Lob »schmunzeln«. Gegen Vize-Weltmeister Frankreich bietet sich die Möglichkeit, neues Datenmaterial auf höchstem Niveau zu liefern. Im weißen Deutschland-Trikot, nicht im blauen Kapuzenpulli.

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