NOSSENTINER HÜTTE. Beim schwersten Unglück der Bundeswehr seit Jahren sind in Mecklenburg-Vorpommern zwei »Eurofighter« nach einer Kollision in der Luft abgestürzt. Ein Pilot konnte sich bei dem Unfall am Montag mit dem Schleudersitz retten. Das Schicksal des zweiten war zunächst ungewiss. In der Nähe der Absturzstelle entdeckten Rettungskräfte Leichenteile. Die Luftwaffe bestätigte am Abend dann den Tod des zweiten Piloten. Der Soldat habe nur tot geborgen werden können, teilte die Luftwaffe auf Twitter mit. Die Brände an den Absturzstellen waren am Nachmittag wieder gelöscht.
Die zwei Flugzeuge stießen bei Luftkampfübungen zusammen und stürzten ab. Die Piloten konnten die Schleudersitz betätigen, wie die Luftwaffe mitteilte. Die »Eurofighter« seien nicht bewaffnet gewesen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen flog am Nachmittag in das Unglücksgebiet an der Mecklenburgischen Seenplatte, die eine beliebte Urlaubsregion ist. Sie wollte dort auch den Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, und Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) treffen.
Das Unglück wurde laut Luftwaffe vom Piloten eines dritten Kampfjets beobachtet. Diese habe von zwei Fallschirmen berichtet, die zu Boden gegangen seien. Einen der beiden Piloten bargen Rettungsmannschaften lebend aus einer Baumkrone. Bei der Suche nach dem zweiten Piloten wurden nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium auch zivile und militärische Hubschrauber eingesetzt.
Die abgestürzten Flugzeuge gehörten zum Luftwaffengeschwader 73 »Steinhoff«, das in Laage bei Rostock stationiert ist. Seine Hauptaufgabe ist die Ausbildung der deutschen »Eurofighter«-Piloten. Bei Bedarf ist das Geschwader gemeinsam mit zwei anderen Jagdverbänden auch für die Sicherung des deutschen Luftraums zuständig. Beide »Eurofighter« waren nach Angaben der Luftwaffe nicht bewaffnet.
Ein Flugzeug stürzte am Ortsrand von Nossentiner Hütte auf eine freie Fläche, wie Bürgermeisterin Birgit Kurth sagte. »Ich bin von Bürgern angerufen worden, die am Drewitzer See waren und den Zusammenstoß der beiden Maschinen sahen«, berichtete sie. Dann sei sie rausgelaufen und habe einen Fallschirm runtergehen sehen. Später sei ein Hubschrauber in der Gegend gekreist, offenbar auf der Suche nach dem Piloten, der dann auch gefunden wurde.
Die Gemeinde mit ihren knapp 700 Einwohnern habe Glück im Unglück gehabt, sagte Kurth. Die Maschine sei gleich hinter der Ortschaft niedergegangen. Im Dorf seien Trümmerteile gesichtet worden. Feuerwehren der Region hätten den Brand an der Absturzstelle am Ortsrand von Nossentiner Hütte unter Kontrolle gebracht, sagte Kurth.
Der andere »Eurofighter« stürzte nach Angaben des Schweriner Innenministeriums nahe der zehn Kilometer entfernten Ortschaft Jabel in ein Waldstück. In diese Richtung seien Rauchschwaden zu sehen, sagte Kurth am Telefon einer Reporterin der Deutschen Presse-Agentur. Im Hintergrund waren Sirenen von Einsatzfahrzeugen zu hören.
Hintergrund: Das Luftwaffengeschwader 73 »Steinhoff«
Der Eurofighter ist ein von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien entwickelter Kampfjet. Die Luftwaffe der Bundeswehr unterhält nach eigenen Angaben 140 Maschinen. Der typischerweise einsitzige Jet ist 15,9 Meter lang und fliegt mit zweifacher Schallgeschwindigkeit. Er kann sowohl für Luft-Luft- als auch für Luft-Boden-Kämpfe bewaffnet werden.
Um das einstige europäische Prestigeprojekt gab es unter anderem in Deutschland lange politische Diskussionen. So wurden neben den Anschaffungskosten von mehr als 100 Millionen Euro pro Jet mehrmals technische Mängel an dem Flugzeug kritisiert. Deutschland hatte 2015 deshalb die Abnahme weiterer Flugzeuge kurzfristig ausgesetzt.
Auf den Exportmärkten wird der Eurofighter als »Typhoon« vermarktet. Nach Hersteller-Angaben wurden bisher mehr als 500 Eurofighter an sieben Länder ausgeliefert: Neben den vier Entwicklerländern sind das Österreich, der Oman und Saudi-Arabien. (dpa)