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Weniger Bürokratie: Ampel stellt Liste mit Vorschlägen vor

Ämter, die immer wieder Unterlagen nachfordern. Behördengänge wie aus einem Roman von Franz Kafka. Die Ampel-Regierung hat sich vorgenommen, Bürger und Firmen von unnötiger Bürokratie zu entlassen.

Bürokratie
Die Bundesregierung kämpft gegen unnötige Bürokratie an. Foto: Ralf Hirschberger
Die Bundesregierung kämpft gegen unnötige Bürokratie an.
Foto: Ralf Hirschberger

Per Online-Befragung hat die Bundesregierung herausgefunden, welche bürokratischen Verfahren Unternehmer, Arbeitnehmer, Freiberufler und Vereine in Deutschland am meisten stören und plagen.

Aus den Antworten der 57 Verbände, die sich daran beteiligt haben, hat der für Bürokratieabbau verantwortliche Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Benjamin Strasser (FDP) jetzt mit Hilfe des Statistischen Bundesamtes eine Liste von 442 Vorschlägen erstellt, die für möglichst viel Entlastung sorgen sollen.

Sortiert ist dieses Wünsch-Dir-Was des Bürokratieabbaus nach Kriterien wie etwa Erfüllungsaufwand, Beschleunigungspotenzial und Reichweite. Außerdem wurde geschaut, inwieweit Betroffene die rechtlichen Vorgaben, beziehungsweise das Verfahren, auf das sich ein Vorschlag bezieht, als nicht nachvollziehbar erleben.

Ein Vorschlag, der in die in Berlin veröffentlichte Liste aufgenommen wurde, sieht beispielsweise vor, Unternehmen, die Mobilnetze betreiben, grundsätzlich das Recht zur Grundbucheinsicht einzuräumen. Dadurch könnten diese schneller an private Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden, die sich als Standorte für Funktürme eignen, herantreten. Der Mobilnetzausbau käme in der Folge womöglich zügiger voran.

Verfahren bisher kompliziert

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen wünscht sich, dass Vergabeverfahren so ausgestaltet werden, dass sich jedes private Busunternehmen künftig an Ausschreibungen beteiligen kann. Bislang sind diese Verfahren nach Einschätzung des Verbandes so kompliziert, dass die Firmen der Branche dies ohne Hilfe einer Kanzlei oder eines Fachberaters oft gar nicht schaffen.

Wären die Verfahren zur Beantragung von Rehamaßnahmen weniger kompliziert, könnte nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in etlichen Fällen eine Erwerbsminderung oder ein vorzeitiger Austritt aus dem Arbeitsleben vermieden werden. Anstatt die betroffenen Arbeitnehmer zu verpflichten, bereits vor der Antragstellung herauszufinden, wer Träger der jeweiligen Maßnahme ist, sollte nach Ansicht des DGB ein Grundantrag für Rehabilitation eingeführt werden. Das würde, so der Vorschlag, den Zugang zu Rehamaßnahmen erleichtern.

Die Auswertung der eingegangenen Vorschläge zeigt aber auch einige generelle Probleme auf. So fordern sowohl der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) als auch der Deutsche Bauernverband und der Verband kommunaler Unternehmen, dass Behörden verpflichtet werden sollen, bei Genehmigungsverfahren innerhalb bestimmter Fristen zumindest zu prüfen, ob alle notwendigen Unterlagen eingereicht wurden oder ob noch etwas fehlt. »Oft wird die Prüfung der Antragsunterlagen auch durch nur stückweise Nachforderung von Unterlagen immer weiter in die Länge gezogen«, klagt der Bauernverband. Er schlägt ein Zeitfenster von drei Monaten für die Nachforderung von Unterlagen vor. Nach Ende dieses Zeitraums solle der Antrag als vollständig gelten.

Hausaufgaben für alle Ministerien

Von den 442 Vorschlägen hat das Statistische Bundesamt 157 Vorschläge in die sogenannte Kategorie 1 einsortiert. Das heißt, sie gelten als »potenziell geeignet für unmittelbare gesetzliche Maßnahmen der Ressorts oder in einem weiteren Bürokratieentlastungsgesetz«.

Ein Blick auf die Liste zeigt, dass es Hausaufgaben für alle Ministerien gibt. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), in dessen Haus die Koordinierung des Bürokratieabbaus der gesamten Regierung angesiedelt ist, sagt: »Mir ist natürlich klar, dass viele Politiker am Bürokratieabbau vor allem dann Freunde haben, wenn die Pläne noch eher abstrakt sind. Wenn es dann konkret wird, wird der Kreis der Freunde leider schnell kleiner.«

Wo EU-Recht Vorgaben setze, die national nicht geändert werden könnten, sollte man dennoch nicht die Hände in den Schoss legen, sondern das Thema mit der EU-Kommission angehen, meint Buschmann. Er würde sich deshalb auch wünschen, »dass wir uns in der Bundesregierung darauf verständigen könnten, mit anderen interessierten Mitgliedstaaten und den europäischen Entscheidungsträgern wie der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament, eine europäische Entbürokratisierungsinitiative zu starten«.

© dpa-infocom, dpa:230414-99-311880/2