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Wenig Interesse an G7-Demo in München: Teilnehmer enttäuscht

Einen Tag vor dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau hatten 15 Verbände zu einer zentralen Protestversammlung nach München geladen. Letztlich kamen viel weniger Menschen als erwartet.

G7-Gipfel 2022
Teilnehmende einer Demonstration der G7-Kritiker für einen besseren Klima- und Artenschutz und gegen Hunger und Armut in München. Foto: Philipp von Ditfurth
Teilnehmende einer Demonstration der G7-Kritiker für einen besseren Klima- und Artenschutz und gegen Hunger und Armut in München.
Foto: Philipp von Ditfurth

Die angekündigte Großdemonstration zum G7-Gipfel in München hat am Samstag deutlich weniger Teilnehmer angezogen als erwartet.

Die Polizei sprach mehr als zwei Stunden nach Beginn der Veranstaltung von etwa 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Veranstalter gaben zu diesem Zeitpunkt 6000 Protestierende an.

Später sprach Martin Geilhufe vom mitorganisierenden Bund Naturschutz in Bayern von 7000 Menschen. Auf jeden Fall war dies nur etwa ein Drittel der erwarteten Demonstrantenzahl, denn ursprünglich war mit mindestens 20.000 Menschen gerechnet worden. Bis auf einen Zwischenfall - eine Rangelei zwischen einer Gruppe der Teilnehmer und Einsatzbeamten - blieb die Protestveranstaltung überwiegend ruhig.

Verunsicherung wegen Ukraine-Krieg befürchtet

»Natürlich wollten wir heute mehr sein«, sagte der Anmelder der Kundgebung, Uwe Hiksch von den Naturfreunden Deutschlands. Es habe sich aber schon seit etwa eineinhalb Wochen abgezeichnet, dass die Mobilisierung nicht so stark sei. »Wir haben den Eindruck, dass ganz viele Menschen durch den Krieg in der Ukraine verunsichert sind«, erklärte Hiksch. Gerade im rot-grünen Spektrum, das man normalerweise für so eine Demo mobilisiere, gebe es derzeit viele Menschen, die sagten: »Es ist jetzt nicht die Zeit, dass man eine Gegenposition zu den Regierungschefs bezieht.«

Aktivisten zeigten sich verwundert und überrascht über den geringen Zulauf bei der Startkundgebung auf der Theresienwiese. »Wir sind enttäuscht«, sagte die 46-jährige Andrea von Greenpeace aus Hannover. Es wirke so, als ob nur Organisationen vor Ort seien - aber niemand aus der Bevölkerung.

Ähnlich äußerte sich der 50-jährige Thorben Becker aus Berlin, der für den Bund für Umwelt und Naturschutz nach Bayern gefahren war. Er hätte sich mehr Demonstranten erhofft, aber es gebe derzeit nicht das eine Aufregerthema wie TTIP oder Trump, das die Leute mobilisieren könne. Der Krieg in der Ukraine sei schlimm und betreffe viele Menschen, aber man spüre, dass sich die Politik ernsthaft bemühe, meinte er.

Demo vor Beginn des G7-Gipfels

Die Demo fand einen Tag vor Beginn des Gipfels in Elmau statt. Es hatten 15 globalisierungskritische Verbände von Attac bis zur Umweltorganisation WWF aufgerufen. Die Kundgebung hatte vier Schwerpunkte: den Ausstieg aus fossilen Energien, den Erhalt von Tier- und Pflanzenvielfalt, die soziale Gerechtigkeit auf dem Planeten und die Bekämpfung des Hungers. »Klimakrise, Artensterben, Ungleichheit: Die G7-Staaten tragen Verantwortung dafür, dass sich die weltweiten sozialen und ökologischen Krisen immer dramatischer zuspitzen. Schluss damit. Gerecht geht anders«, hieß es im Aufruf zur Teilnahme.

Die Münchner Polizei hatte nach offiziellen Angaben rund 3000 Einsatzkräfte bei der Protestversammlung im Einsatz. Es war befürchtet worden, dass ein sogenannter schwarzer Block für Unruhe sorgen könnte. Letztlich wurden etwa 100 bis 150 Menschen von der Polizei diesem Spektrum zugeordnet. Ursprünglich waren hier deutlich mehr Teilnehmer von den Sicherheitskreisen erwartet worden. Schon im Vorfeld hatte es geheißen, dass die Mobilisierung aktuell nicht so stark wie beim G7-Gipfel vor sieben Jahren sei.

Festnahme und Konfrontation mit der Polizei

Nach dem Protestzug durch die Landeshauptstadt kam es gegen Ende der Versammlung im Bereich der Theresienwiese laut Polizei zu einer Festnahme einer gesuchten Person und in der Folge zur kurzzeitigen Konfrontation zwischen einigen Demonstranten und Einsatzkräften. Polizeisprecher Andreas Franken berichtete von einer Solidarisierungsaktion des »schwarzen Blocks«. Dabei seien auch Schlagstöcke eingesetzt worden.

Zwei Beamte seien leicht verletzt worden, teilte die Polizei mit. Die Situation habe sich aber recht schnell wieder entspannt. Insgesamt zog die Polizei ein positives Fazit der Demonstration. »Die Versammlung war komplett friedlich«, sagte ein Sprecher.

Im Zusammenhang mit der Demonstration nahm die Polizei nach eigenen vorläufigen Angaben am Samstag dennoch insgesamt neun Menschen fest. In je drei Fällen sei es um gefährliche Körperverletzung und Verstöße gegen das Vermummungsverbot bei Versammlungen gegangen, in zwei Fällen um Angriffe auf Polizisten, teilte die Polizei am Abend mit.

Eine Sprecherin des Protestbündnisses »Stop G7 Elmau« verurteilte am Samstag dagegen »das gewaltvolle Vorgehen der Polizei«. Mehrere Menschen seien durch die Beamten verletzt worden. »Das polizeiliche Handeln war ungerechtfertigt, aber nicht überraschend.«

18.000 Polizisten im Einsatz

Der Gipfel ist wie schon im Jahr 2015 auf Schloss Elmau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zu Gast. Von Sonntag bis Dienstag treffen sich dort die Staats- und Regierungschefs von sieben führenden westlichen Industriestaaten und einigen Gastländern. Neben Deutschland gehören der G7-Gruppe die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan an. Insgesamt sind rund 18.000 Polizistinnen und Polizisten rund um den Gipfel im Einsatz.

© dpa-infocom, dpa:220625-99-800214/4