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Weiter Kämpfe im Sudan - Waffenruhe vorerst gescheitert

Der Sudan kommt nicht zur Ruhe. Kaum versprechen die beiden Konfliktparteien eine Feuerpause, wird sie wieder gebrochen. Die Not der Zivilbevölkerung spitzt sich zu.

Kämpfe im Sudan
Rauch steigt aus einem Wohnviertel in Khartum auf. Foto: Marwan Ali
Rauch steigt aus einem Wohnviertel in Khartum auf.
Foto: Marwan Ali

Hoffnungen auf eine Feuerpause bei den schweren Gefechten im Sudan haben sich am Dienstagabend zunächst nicht erfüllt. Explosionen und Schüsse waren Medienberichten und Augenzeugen auf Twitter zufolge in der Hauptstadt Khartum durchgehend auch nach dem laut Vertretern beider Seiten geplanten Beginn einer 24-stündigen Waffenruhe um 18.00 Uhr (Ortszeit/MEZ) zu hören.

In dem seit Jahren politisch instabilen Sudan kämpfen seit Samstag die zwei mächtigsten Generäle und ihre Einheiten um die Vorherrschaft. Die zwei Männer führten das Land mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021. De-Facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen RSF.

Die paramilitärische Gruppe RSF warf der sudanesischen Armee am Dienstag bereits um 18.14 Uhr in einer Mitteilung auf Twitter den »Verstoß gegen die unter internationaler Vermittlung vereinbarte Waffenruhe« vor. »In den ersten Stunden der erklärten Waffenruhe« sei es zu Angriffen auf RSF-Kräfte gekommen, hieß es. Solche Angaben zu den Kämpfen ließen sich nicht überprüfen.

Waffenruhe oder nicht?

Zuvor hatten die sudanesischen Streitkräfte widersprüchliche Angaben zu einer möglichen Waffenruhe mit den rivalisierenden Rapid Support Forces (RSF) gemacht. Der Anführer der RSF, Mohammed Hamdan Daglo, hatte Bereitschaft signalisiert. Ein hochrangiger General der sudanesischen Streitkräfte sagte im arabischen Fernsehsender Al-Arabiya die Unterstützung für eine 24-stündige Feuerpause ab Dienstagabend zu.

Am Dienstagvormittag hatte zunächst dagegen der Sprecher der Streitkräfte auf der Facebook-Seite der Armee mitgeteilt, nichts von einer »Verständigung mit Vermittlern und der internationalen Gemeinschaft« zu wissen. Er warf der RSF vor, die Waffenruhe als Vorwand zu nutzen, um »die vernichtende Niederlage zu vertuschen, die sie innerhalb weniger Stunden erleiden werden«.

Die G7-Außenminister forderten am Dienstag ein Ende der Gewalt. »Wir rufen alle Akteure auf, zu Verhandlungen zurückzukehren und aktive Schritte zu unternehmen, um Spannungen abzubauen«, heißt es im Abschlusspapier zum Treffen der Minister im japanischen Karuizawa.

Bereits am Sonntag und Montag waren vereinbarte dreistündige Waffenruhen gescheitert. Tausende Zivilisten seien deshalb in ihren Wohnungen und Häusern gefangen, oft ohne Strom und ohne Möglichkeit, Essen, Wasser oder Medikamente zu besorgen, teilte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk in Genf mit.

Hunderte Menschen ums Leben gekommen

Insgesamt sind laut der UN seit Beginn des Konflikts am Samstag bereits 270 Menschen ums Leben gekommen und 2600 verletzt worden. Allein in Khartum sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) drei Gesundheitseinrichtungen beschossen worden. Dabei seien mindestens drei Menschen getötet worden.

Auch UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths schrieb am Dienstag auf Twitter von Angriffen auf humanitäre Helfer und Einrichtungen im Sudan. Zudem habe er Berichte von Angriffen und sexuelle Gewalt gegen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen erhalten. »Das ist inakzeptabel und muss aufhören«, sagte Griffiths.

Die Bundeswehr sagte am Dienstag, sie bereite eine Unterstützung des Auswärtigen Amtes (AA) im Falle einer militärisch abgesicherten Evakuierung deutscher Staatsbürger aus dem Sudan vor. In der sogenannten Krisenvorsorgeliste des AA hat sich nach Angaben einer Sprecherin vom Montag eine »niedrige dreistellige Zahl« deutscher Staatsangehöriger im Sudan registriert. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mitteilte, halten sich im Sudan aktuell ein Bundespolizist - als Sicherheitsbeamter der Botschaft - sowie mehrere deutsche Mitarbeiter der UN-Mission UNITAMS auf. Letztere seien Landespolizisten, die zum Bundespolizeipräsidium abgeordnet und von dort der UN-Mission zugewiesen worden seien.

Ob es Pläne für die insgesamt 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vereinten Nation im Sudan gibt, darunter 800 Ausländer, wollte eine UN-Sprecherin in Genf nicht kommentieren. Die Absicht sei auf jeden Fall, vor Ort zu bleiben und das humanitäre Mandat der UN zu erfüllen.

Seit Langzeitmachthaber Omar al-Baschir 2019 gestürzt wurde, fordert das sudanesische Volk eine demokratische Regierung. Den Versprechungen des Militärs, die Macht abgeben zu wollen, folgten allerdings kaum Taten. Ein Ende 2022 abgeschlossenes Abkommen hätte die Machtübergabe des Militärs an eine Zivilregierung vorgesehen. Der neue Konflikt hat das Land nun in eine Krise mit ungewissem Ausgang gestürzt.

© dpa-infocom, dpa:230418-99-352338/9