BERLIN. Es betrifft eigentlich jeden in Deutschland, und es geht um mehr Klimaschutz. Vor nicht einmal zwei Monaten vereinbarten Klimakabinett und Spitzen von CDU, CSU und SPD Eckpunkte des Klimaschutzprogramms 2030.
Am Freitag beschloss der Bundestag bereits einen großen Teil der für die Umsetzung notwendigen Gesetze. Kritik gab und gibt es reichlich.
Doch die Koalition bleibt dabei: Das Klimapaket, mit dem Deutschland seine Klimaschutz-Ziele sicher erreichen soll, wollen Union und SPD größtenteils noch in diesem Jahr über alle Hürden hieven. Nach dem Bundestagsbeschluss am Freitag bleibt noch eine: der Bundesrat, also die Länder. Vor allem die Grünen in ihren neun Landesregierungen, aber auch andere Länder haben Wünsche angemeldet.
Letztlich brauchen nur bestimmte Änderungen bei der Steuer - etwa eine höhere Pendlerpauschale - die Zustimmung des Bundesrats. Die anderen Gesetze kann die Kammer nur aufhalten. Es ist aber denkbar, dass am Klimapaket an der einen oder anderen Stelle noch geschraubt wird. Das wird sich Ende November und im Dezember zeigen.
Aber zunächst zu den Beschlüssen von diesem Freitag: Im Grundsatz haben Union und SPD die Gesetze so gelassen, wie sie von der Bundesregierung vorgelegt wurden. Kein Wunder, denn auch die Fraktionen hatten schon ein halbes Jahr um die Details gefeilscht. Gesetze zum Kohleausstieg, zur Windkraft und zu Ölheizungen werden erst noch kommen. Ein Überblick über die Beschlüsse im Bundestag:
CO2-PREIS FÜRS HEIZEN UND DEN VERKEHR: Ab 2021 müssen Unternehmen, die Diesel und Benzin, Heizöl und Erdgas in Deutschland in den Verkehr bringen, Verschmutzungsrechte für die Menge Treibhausgase nachweisen, die daraus entsteht. Der CO2-Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln.
2021 kostet das die wohl mehr als 4000 betroffenen Unternehmen erst mal nur 10 Euro pro Tonne CO2, der Preis steigt bis 2025 nach und nach auf 35 Euro. Ab 2026 sollen ein Stück weit Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, aber zunächst mit einer Obergrenze von 60 Euro. 35 Euro pro Tonne würde zum Beispiel bedeuten, dass Diesel und Heizöl um etwa 11 Cent pro Liter teurer würden, Benzin um nicht ganz 10 Cent. Den Einstieg von 10 Euro kritisieren Fachleute als zu gering, er habe gar keine Lenkungswirkung. Denn Benzin werde nur drei Cent teurer.
KLIMASCHUTZGESETZ: Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) feiert es als das »Herzstück« der Klimabeschlüsse. Darin wird für die einzelnen Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft oder Gebäude festgelegt, wie viel CO2 sie in welchem Jahr ausstoßen dürfen. Wenn ein Bereich die Vorgaben reißt, muss der zuständige Minister ein Sofortprogramm vorlegen, die Bundesregierung muss nachsteuern. Oder, wie Schulze es sagt: »Mit dem Klimaschutzgesetz wird jedes Ministerium zum Klimaschutzministerium.«
BAHNFAHREN: Bahntickets im Fernverkehr sollen ab 2020 günstiger werden - die Mehrwertsteuer soll von 19 auf 7 Prozent sinken. Dadurch sollen mehr Menschen auf die umweltfreundlichere Schiene gelockt werden. Die Bahn hat schon angekündigt, die Mehrwertsteuer-Senkung an die Kunden weiterzugeben.
FLIEGEN VERTEUERN: Die Steuern auf Flugtickets steigen zum April 2020. Fliegen ist besonders klimaschädlich. Die Luftverkehrsteuer für Flüge im Inland und in EU-Staaten wird um mehr als 5 Euro auf 13,03 Euro pro Ticket, für längere Flüge bis 6000 Kilometer um knapp 10 Euro auf 33,01 Euro angehoben. Bei noch weiteren Flügen sollen 59,43 Euro fällig werden, etwa 18 Euro mehr als bislang. Airlines schlagen diese Steuer wohl zumindest teilweise auf die Flugpreise auf.
PENDLER ENTLASTEN: Um auszugleichen, dass Diesel und Benzin über den CO2-Preis teurer werden, soll ab 2021 die Pendlerpauschale für längere Strecken für fünf Jahre steigen. Vom 21. Kilometer an dürfen Pendler statt 30 dann 35 Cent pro Kilometer pro Arbeitstag von den zu versteuernden Einkünften abziehen, aber nur für die Entfernung von A nach B. Wer wenig verdient und keine Steuern zahlt, kann über eine Mobilitätsprämie das Geld aufs Konto überwiesen bekommen.
GEBÄUDESANIERUNG: Wer in seiner Eigentumswohnung oder in seinem Haus Wände, Decken oder Dach dämmt, Fenster, Türen, Lüftungen oder die Heizung erneuert oder digitale Anlagen zum Energiesparen einbaut, soll ab 2020 über drei Jahre steuerlich gefördert werden. Die Immobilie muss dafür älter als zehn Jahre sein, die Fördermöglichkeit soll zunächst auch zehn Jahre bestehen. Vorgesehen ist, dass 20 Prozent der Kosten und maximal insgesamt 40.000 Euro je Haus oder Wohnung über drei Jahre verteilt von der Steuerschuld abgezogen werden können.
WINDKRAFT: Über die Möglichkeit, mehr Grundsteuer zu verlangen, sollen Gemeinden stärker von Windkraftanlagen profitieren. So könnte sich der finanzielle Spielraum für Infrastrukturprojekte wie beispielsweise Kitas erhöhen. Das soll die Akzeptanz für die Windräder bei Anwohnern erhöhen. Noch nicht beschlossen aber sind die heftig umstrittenen schärferen Regeln zum Abstand von Windrädern zu Wohnsiedlungen - dies ist Teil des geplanten Gesetzes zum Kohleausstieg. Der Entwurf ist aber noch nicht einmal vom Kabinett beschlossen worden.