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Von der Leyen im U-Ausschuss: »Es sind Fehler passiert«

Gab es im Bundesverteidigungsministerium Vetternwirtschaft? Und warum werden dort Millionenbeträge für externe Berater ausgegeben? Fragen wie diesen geht ein Untersuchungsausschuss des Bundestags nach. Als letzte Zeugin befragt er Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen.

Untersuchungsausschuss
Ursula von der Leyen verlässt von zahlreichen Personenschützern begleitet den Deutschen Bundestag. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Ursula von der Leyen verlässt von zahlreichen Personenschützern begleitet den Deutschen Bundestag. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin (dpa) - Die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Beschäftigung externer Berater in diesem Ressort für unverzichtbar erklärt und zugleich Fehler bei der Auftragsvergabe eingeräumt.

»Es sind Vergabeverstöße eingetreten«, sagte die heutige Präsidentin der EU-Kommission am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Berateraffäre. Insbesondere die Digitalisierung der Bundeswehr war ihr zufolge »ohne Hilfe von außen nicht zu schaffen«. Die CDU-Politikerin betonte: »Unterstützungs- und Beratungsleistungen hat es immer schon im Verteidigungsministerium gegeben.« Sie seien auch künftig nötig.

Mit der Vernehmung von der Leyens schloss der Ausschuss nach rund einem Jahr seine Zeugenbefragung ab. Er untersucht die Vergabe von Aufträgen an externe Berater. Deren Einsatz hat allein in von der Leyens Amtszeit einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Es geht um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft. Im Jahr 2018 hatte der Bundesrechnungshof in einem Bericht Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit des Beratereinsatzes im Ministerium stark angezweifelt. Daraufhin hatten FDP, Linke und Grüne den Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Die Digitalisierung der Truppe sei 2013/2014 »sehr gering ausgeprägt« gewesen, schilderte von der Leyen. »Das ging alles händisch.« Das Zählen von Waffensystemen und Feststellen ihrer Einsatzbereitschaft ebenso wie das Führen sämtliche Krankenakten. Mit ihren eigenen Möglichkeiten konnte die Bundeswehr laut von der Leyen die nötige Modernisierung nicht bewältigen. »Wir brauchten Hilfe von außen.«

Von der Leyen zeichnete das Bild einer Bundeswehr, die bei ihrem Amtsantritt einen jahrelangen Spar- und Schrumpfkurs hinter sich hatte, sich gleichzeitig aber neuen Herausforderungen gegenübersah. Sie listete den Afghanistan-Einsatz, die Annexion der Krim durch Russland, den Krieg in der Ostukraine, das Aufkommen des IS, die schweren Terroranschläge in Paris und Brüssel, die Migrationskrise in Europa und selbst den Ausbruch der Ebola-Krise in Afrika auf. Beim Umsteuern habe die Bundeswehr »viel Gutes geleistet«, sagte die Ex-Ministerin. »Aber in der beachtlichen Aufbauleistung sind auch Fehler passiert.«

Etwa 40 Zeugen hat der Ausschuss in den vergangenen zwölf Monaten angehört, mehr als 4000 Akten herangezogen. Befragt wurden Beamte des Verteidigungsministeriums, Generäle, die ehemalige Staatssekretärin Katrin Suder und Vertreter von Beratungsfirmen. Aufreger gab es viele: Mal schickte das Verteidigungsministerium geschwärzte und unvollständige Akten. Dann stellte sich heraus, dass die Daten auf von der Leyens Handy gelöscht waren. Die Opposition sprach von der Vernichtung von Beweismitteln.

Sie sieht den Vorwurf der Vetternwirtschaft längst als erwiesen an. »Die Frage ist: Wie konnte es so weit kommen? Wer hat Schuld?«, sagt der FDP-Obmann im Verteidigungsausschuss, Alexander Müller, vor der Vernehmung. Darauf erwarte er sich Antworten von der Ex-Ministerin. Der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner formulierte es so: »Es geht darum, was sie zu ihrer eigenen Verantwortung zu dem ganzen Schlamassel sagt.«

Hohe Erwartungen also an von der Leyen. Diese kommt auf die Minute pünktlich in den Untersuchungsausschuss - eine schwarze Handtasche in der einen, eine blaue Mappe mit Unterlagen in der anderen Hand. Sie setzt sich an den Tisch in der Mitte des Saales, der drei Menschen Platz böte, die Mitglieder des Ausschusses im Halbkreis vor sich. Zur Vorbereitung hat sie im Verteidigungsministerium nochmals Akten studiert. Die Fragen der Abgeordneten beantwortet sie zügig, nur selten passt sie mit Sätzen wie »Das entzieht sich meiner Kenntnis«. In ihrer Stimme ist allerdings manchmal eine Nervosität zu spüren.

Es geht um viele Details - und schließlich auch um die Kernfrage: »Sehen Sie Fehler bei sich?«, wird von der Leyen gefragt. Sie beantwortet die Frage nicht wirklich. Stattdessen verweist sie auf ihre »Betroffenheit«, als sie von den Vorwürfen erfuhr, und auf die ergriffenen Gegenmaßnahmen. Und ihrer damals zuständigen Staatssekretärin Suder stellt sie eine Art Blankoscheck aus: Diese habe ihre Aufgaben »mit Bravour und Brillianz erledigt«.

In einer kurzen Pause nach drei Stunden ziehen SPD, FDP, Linke, Grüne und AfD eine ernüchternde Bilanz. Die Antworten seien »sehr weich«, formuliert es Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP noch recht diplomatisch. Der Grünen-Abgeordnete Lindner vermisst »irgendein Gefühl von Fehlerbewusstsein«. Und auch Matthias Höhn von der Linken sagt, es fehle jedes »Problembewusstsein«. Die Schuld hätten immer nur die nachgeordneten Bereiche, moniert Rüdiger Lucassen von der AfD. Er attestiert von der Leyen »totale Verantwortungsverweigerung«.

Nach knapp fünf Stunden Vernehmung verlässt von der Leyen das Bundestagsgebäude fast fluchtartig - abgeschirmt von einem Pulk resoluter Sicherheitsbeamter, die es den Fotografen fast unmöglich machen, Bilder von ihr zu schießen.