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Von der Leyen für »Marshall-Plan« nach der Krise

Die Corona-Krise fordert Europa und die Welt Tag und Nacht. Doch einige Politiker beschäftigen sich bereits mit der Zeit danach.

Ursula von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Foto: Etienne Ansotte/Europäische Kommission/dpa
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Foto: Etienne Ansotte/Europäische Kommission/dpa

BERLIN. Trotz aller Hilfemaßnahmen muss Europa mehr Geld für die Zeit nach der Corona-Krise in die Hand nehmen. Aus diesem Grund sprach sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für massive Investitionen in den EU-Haushalt aus.

»Wir brauchen einen Marshall-Plan für Europa«, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die »Welt am Sonntag«. Der EU-Haushalt sei in allen Mitgliedsstaaten als Instrument des solidarischen Ausgleichs akzeptiert und müsse der Krise entsprechend angepasst werden.

Der Marshall-Plan war ein milliardenschweres Hilfsprogramm der USA, mit dem das vom Zweiten Weltkrieg gezeichnete Westeuropa wieder auf die Beine kam.

Von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass sich Europa bald wieder erholen werde: »Die vielen Milliarden, die heute investiert werden müssen, um eine größere Katastrophe abzuwenden, werden Generationen binden.« So könne auch in der Krise das Gefühl der Gemeinschaft unter den Nationen Europas erneuert werden.

Für einen Marshall-Plan sprachen sich auch die früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Sigmar Gabriel (SPD) aus, allerdings zur Unterstützung Spaniens und Italiens, um ein mögliches Auseinanderbrechen Europas zu verhindern. »Europa braucht jetzt zweierlei: gemeinsame Hilfen in der Krise und ein gemeinsames Wiederaufbauprogramm nach der Krise«, schreiben Fischer und Gabriel in einem Gastbeitrag für das »Handelsblatt« und den »Tagesspiegel« (Montag).

»Italien und Spanien werden es Europa und vor allem uns Deutschen hundert Jahre lang nicht vergessen, wenn wir sie (...) jetzt im Stich lassen. Und genau das tun wir gerade«, kritisieren die beiden früheren Minister. Das Coronavirus habe aus ihrer Sicht das Potenzial, die ohnehin in Europa existierenden Risse so massiv zu vertiefen, »dass die Union daran auseinanderbrechen könnte«. Vor allem in Italien war wiederholt Kritik an der mangelhaften Hilfe der EU laut geworden.

Die EU drohe bei dieser größten Bewährungsprobe seit ihrer Entstehung dramatisch zu versagen, meinten Gabriel und Fischer. »Stattdessen erleben wir, dass Mächte wie Russland und China öffentlichkeitswirksam Hilfe liefern, um genau dieses Defizit Europas zu betonen. Dass hier humanitäre und politische Ziele mindestens gleichzeitig verfolgt werden, liegt auf der Hand.«

Zwar sei das deutsche Exportverbot für Hilfsmittel aufgehoben worden und Deutschland gehöre zu den Ländern, die schwer erkrankten Patienten aus Italien, Frankreich und Spanien Krankenhausbetten anbieten. Doch sei dies bestenfalls ein »Tropfen auf den heißen Stein«.

Die beiden Ex-Minister erinnerten an zwei Hilfsprojekte 1948, die Europa im Moment helfen könnten - die Berliner Luftbrücke und den Marshall-Plan. Die am härtesten von der Corona-Pandemie getroffenen Länder wie Italien und Spanien bräuchten jetzt ein sich überlappendes Dreistufen-Programm: medizinisch-humanitäre Soforthilfe; mittelfristige, langlaufende europäische Kredithilfen und ein Innovationsförderungs-Programm zur wirtschaftlichen und sozialen Zukunftssicherung. »Deutschland wäre gut beraten, sich an einem solchen Hilfsprogramm auf europäischer Ebene sofort zu beteiligen, statt den ideologischen Streit zwischen Nord- und Südeuropa über Eurobonds oder Corona-Bonds fortzusetzen«, betonten Fischer und Gabriel. (dpa)