Im Skandal um verschwundene Kinder von Einwanderern aus dem Jemen und anderen muslimischen Ländern ist am Montag in Israel ein Kindergrab geöffnet worden.
Bei den Grabungen auf einem Friedhof in Petach Tikva bei Tel Aviv wollte ein Experte des Gesundheitsministeriums DNA-Proben entnehmen. Nach Angaben der Familie von Usiel Churi, dessen Name auf dem Grab steht, wurden dabei jedoch die Überreste von zwei verschiedenen Leichen gefunden. Die Prüfung sei daher vorerst abgebrochen worden. »Man sagte uns, die Untersuchung könne erst nach einer Gerichtsentscheidung fortgesetzt werden«, sagte die Schwester Churis, Masal Berko, der Deutschen Presse-Agentur. Sie sei sehr enttäuscht.
Churi ist eines von Tausenden von Kindern jüdischer Einwanderer aus dem Jemen und anderen orientalischen Ländern, die laut Zeugenaussagen in den 1950er Jahren in Israel unter ungeklärten Umständen verschwanden. Familien warfen den Behörden vor, sie an kinderlose Holocaust-Überlebende weitergegeben zu haben. Es geht nach Schätzungen um 1500 bis 5000 Kinder. Viele Schicksale konnten nie eindeutig geklärt werden. Mehrere Untersuchungskommissionen brachten keine abschließende Klarheit. 2018 war ein Gesetz erlassen worden, das Graböffnungen ermöglicht.
Unter verdächtigen Umständen für tot erklärt
Der 1952 geborene Churi war nach Schilderung der Familie als Einjähriger unter verdächtigen Umständen für tot erklärt worden. Die von der tunesischen Insel Dscherba stammende Familie zweifelte an, dass er wirklich in dem Grab liegt, auf dem sein Name steht. »Schon 69 Jahre sind seit seinem Verschwinden vergangen«, sagte Churis Schwester Masal Berko bei der Graböffnung dem israelischen Sender Kan. »Ich will daran glauben, dass der Staat uns die Wahrheit sagen wird. Wir wollen nur die Wahrheit.«
Der Minister Zachi Hanegbi war 2016 nach einer Öffnung von Archiven zum Schluss gelangt, Hunderte jemenitische Kinder seien den Eltern weggenommen und weggegeben worden. Im vergangenen Jahr hatte die israelische Regierung Bedauern ausgedrückt und Entschädigungszahlungen in Höhe von 162 Millionen Schekel (rund 46 Millionen Euro) für betroffene Familien angekündigt.
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