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US-Luftraum jetzt für russische Flugzeuge gesperrt

Bidens Rede zur Lage der Nation war auch eine Kampfansage an Kremlchef Putin. Der US-Präsident warnt Putin davor, »weiter nach Westen zu ziehen« - und sperrt den eigenen Luftraum für russischen Flugverkehr.

USA - Lage der Nation
US-Präsident Joe Biden bei seiner ersten Rede zur Lage der Nation. Dahinter stehen Vizepräsidentin Kamala Harris (l) und Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Foto: Saul Loeb
US-Präsident Joe Biden bei seiner ersten Rede zur Lage der Nation. Dahinter stehen Vizepräsidentin Kamala Harris (l) und Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses.
Foto: Saul Loeb

Einen Tag nach der Ankündigung durch Präsident Joe Biden ist die Sperrung des US-Luftraums für russische Flugzeuge in Kraft getreten. Von dem Verbot seien Linien-, Charter- und Frachtmaschinen betroffen, erklärte das US-Verkehrsministerium.

Die Anordnung gilt demnach für alle Flugzeuge, die sich im Besitz eines russischen Staatsbürgers befinden oder die von einem Russen geleast, gechartert oder betrieben werden. In der Anordnung für russische Fluglinien, darunter auch Aeroflot, hieß es, die Luftraumsperre gelte »mit sofortiger Wirkung« und bis auf Weiteres.

Biden hatte diese und weitere neue Strafmaßnahmen gegen Russland am Dienstag in seiner ersten Rede zur Lage der Nation angekündigt. Er drohte Kremlchef Wladimir Putin mit harten Konsequenzen. »Putin hat Gewalt und Chaos entfesselt. Aber während er auf dem Schlachtfeld vielleicht Gewinne erzielt, wird er langfristig einen hohen Preis zahlen«, sagte Biden bei seiner Ansprache vor beiden Kammern des US-Kongresses. »Wenn Diktatoren keinen Preis für ihre Aggression zahlen, verursachen sie mehr Chaos.«

Russland wirtschaftlich isolieren

Biden sagte in seiner Rede, dieser Schritt werde Russland weiter isolieren und die wirtschaftlichen Kosten für Moskau infolge des Angriffs auf die Ukraine nochmals erhöhen. Der russische Präsident habe gedacht, er könne den Westen spalten und die Nato würde nicht reagieren. »Putin hat sich geirrt«, sagte Biden. Man werde weiter zusammenstehen.

Der US-Präsident sagte zudem russischen Oligarchen aus Putins Umfeld den Kampf an. Die USA arbeiteten mit europäischen Verbündeten zusammen, »um ihre Jachten, ihre Luxuswohnungen und ihre Privatjets zu finden und zu beschlagnahmen«, sagte Biden. »Wir kommen, um ihre unrechtmäßigen Gewinne zu holen.«

Biden betonte erneut, US-Truppen würden nicht in den Konflikt in der Ukraine mit Russland eingreifen. Zusätzliche US-Soldaten seien nicht nach Europa verlegt worden, »um in der Ukraine zu kämpfen, sondern um unsere Nato-Verbündeten zu verteidigen - für den Fall, dass Putin beschließt, weiter nach Westen zu ziehen«.

Biden als Koalitionsbilder

Putin ist nach Bidens Überzeugung infolge der westlichen Sanktionen inzwischen »isolierter von der Welt als je zuvor«. Russlands Wirtschaft sei bereits ins Taumeln geraten, sagte der US-Präsident. »Wenn die Geschichte dieser Ära geschrieben sein wird, wird Putins Krieg mit der Ukraine Russland schwächer und den Rest der Welt stärker zurückgelassen haben.« Biden war maßgeblich daran beteiligt, die Koalition westlich orientierter Staaten gegen Putin zu schmieden, die wegen des Angriffs auf die Ukraine harte Sanktionen verhängt hat. Der russische Vormarsch in der Ukraine verläuft nach Ansicht der US-Regierung langsamer als von Putin erhofft.

Biden lobte den Widerstand der Ukrainer. »Ihre Furchtlosigkeit, ihr Mut und ihre Entschlossenheit inspirieren die Welt«, sagte er. »Putin mag Kiew mit Panzern einkreisen, aber er wird niemals die Herzen und Seelen der Ukrainer gewinnen. Er wird niemals ihre Liebe zur Freiheit auslöschen. Er wird niemals die Entschlossenheit der freien Welt schwächen.« Biden sagte, im Wettbewerb zwischen Demokratien und Autokratien stellten sich Demokratien den Herausforderungen, »und die Welt entscheidet sich eindeutig für Frieden und Sicherheit«.

Biden stellte der Ukraine weitere militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe in Aussicht. »Wir werden das ukrainische Volk weiterhin bei der Verteidigung seines Landes unterstützen und dazu beitragen, sein Leid zu lindern.« Biden rief bei seiner Ansprache zu einem Zeichen der Solidarität mit der Ukraine auf. Vor den Zuhörerinnen und Zuhörern sagte er unter Beifall: »Bitte erheben Sie sich, wenn Sie können, und zeigen Sie: Ja, wir, die Vereinigten Staaten von Amerika, stehen an der Seite des ukrainischen Volkes.« An der Ansprache nahm die ukrainische Botschafterin Oksana Markarowa als Ehrengast von First Lady Jill Biden teil.

Auch Inflation und Pandemie ein Thema

Der Ukraine-Krieg dominierte vor allem den Beginn von Bidens gut einstündiger Rede, in der es auch um zahlreiche weitere Themen ging. Den Kampf gegen die hohe Inflationsrate bezeichnete Biden als seine »Top-Priorität«. Die Rate von zuletzt 7,5 Prozent ist für Biden und seine Demokraten acht Monate vor den Kongresswahlen gefährlich. Obwohl die US-Wirtschaft brummt und die Arbeitslosenquote niedrig ist, sind viele Wähler wegen der steigenden Preise unzufrieden - und lasten das Problem teils der Regierung an.

Biden stimmte die Amerikaner auf eine Zukunft ein, in der die Corona-Pandemie nicht mehr ihren gesamten Alltag bestimmt. »Seit mehr als zwei Jahren hat Covid hat jede Entscheidung in unserem Leben und im Leben dieser Nation beeinflusst. Und ich weiß, dass Sie müde, frustriert und erschöpft sind«, sagte er. Aber dank des Durchhaltevermögens der Menschen gehe es nun vorwärts. »Es ist an der Zeit, dass die Amerikaner wieder an die Arbeit gehen und unsere großartigen Innenstädte wieder füllen. Menschen, die von zu Hause aus arbeiten, können sich sicher fühlen und ins Büro zurückkehren.«

Biden forderte die Menschen außerdem auf, Corona nicht als parteipolitischen Streitpunkt zu betrachten. »Lasst uns aufhören, uns gegenseitig als Feinde zu sehen, und anfangen, uns als das zu sehen, was wir sind, nämlich Mitbürger.« Es gehe darum, Probleme gemeinsam anzugehen, um vorwärts zu kommen. Seit Beginn der Pandemie sind in den USA mehr als 950.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Die Impfquote stagniert.

Während Demokraten Bidens Rede bejubelten, beklagten führende Republikaner, der Kurs des Präsidenten sei falsch. Die Amerikaner hätten zu leiden unter der hohen Inflation, Kriminalität und den Folgen offener Grenzen. Nötig sei ein politischer Kurswechsel.

Biden hatte bereits am 29. April vergangenen Jahres - gut drei Monate nach seiner Amtsübernahme - eine Rede vor beiden Kongresskammern gehalten. Die erste Ansprache eines neu gewählten US-Präsidenten bei einer gemeinsamen Sitzung des Repräsentantenhauses und des Senats im US-Kapitol wird traditionell aber nicht als Rede zur Lage der Nation bezeichnet. Bei seinem Auftritt im vergangenen Jahr hatte der Demokrat Biden einen amerikanischen Neuanfang nach der Ära seines republikanischen Amtsvorgängers Donald Trump beschworen.

© dpa-infocom, dpa:220302-99-344886/14