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Union und FDP gegen Vorstoß zur Flüchtlingskinder-Aufnahme

Die Lage in den völlig überfüllten griechischen Flüchtlingslagern ist dramatisch - nicht nur, aber besonders für die Kinder. Der Grünen-Chef hat nun vorgeschlagen, sie nach Deutschland zu holen. Die Unterstützung für ihn ist begrenzt.

Flüchtlingslager Moria
Migranten im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Hier leben auch viele Kinder. Foto: Angelos Tzortzinis/dpa
Migranten im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Hier leben auch viele Kinder. Foto: Angelos Tzortzinis/dpa

BERLIN. In Union und FDP wird der Forderung von Grünen-Chef Robert Habeck heftig widersprochen, Kinder aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland zu holen. Der Koordinator der SPD-Innenminister, Boris Pistorius, zeigt sich da ein wenig offener.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sagte der »Passauer Neuen Presse«: »Den Kindern kann und muss am schnellsten und wirksamsten vor Ort geholfen werden. Ich verstehe hier die Hilflosigkeit der griechischen und europäischen Behörden nicht.« In afrikanischen Flüchtlingscamps werde gemeinsam mit den Flüchtlings- und Kinderhilfswerken der Vereinten Nationen, UNHCR und Unicef, schneller und effektiver geholfen, erklärte der CSU-Politiker.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries mahnte in der »Welt«, unter keinen Umständen zuzulassen, »dass erneut Fehlanreize geschaffen werden, die neue Migrationswellen nach Deutschland auslösen«. FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sagte der Zeitung, eine »PR-Aktion kurz vor Weihnachten hilft nicht, das Fluchtproblem verantwortungsvoll zu lösen«. Parteivize Wolfgang Kubicki stellte in der »Rheinischen Post« die rhetorische Frage: »Was ist mit den Kindern in türkischen, jordanischen oder libyschen Lagern?«

Dagegen sagte der niedersächsischen SPD-Innenminister Pistorius der »Welt«: »Wenn alle immer warten, dass alle mitmachen, macht am Ende keiner was.« Es gehe darum, als Zeichen der Humanität »nicht Tausende, aber einige hundert« Kinder nach Deutschland zu holen. Die Parteivorsitzende Saskia Esken äußerte sich eher vage: »Wir müssen die Situation vor Ort verbessern, aber auch die Aufnahme von geflüchteten Menschen in anderen Mitgliedsstaaten ermöglichen, und natürlich müssen Kinder gemeinsam mit ihren Familien ein besonderes Augenmerk erhalten.«

In den Flüchtlingslagern auf den Inseln im Osten der Ägäis sind nach Angaben aus Athen um die 40.000 Menschen untergebracht, obwohl nur Platz für rund 7500 Menschen ist. Die Lage gerät zunehmend außer Kontrolle, die Zustände sind nach Berichten humanitärer Organisationen dramatisch. Griechenland rechnet im kommenden Jahr mit weiteren 100.000 Migranten, die aus der Türkei übersetzen.

Habeck hatte in der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« die Bundesregierung aufgefordert, bis zu 4000 Kinder von den griechischen Inseln zu holen - auch ohne europäischen Konsens. »Es ist ein Gebot der Humanität, da schnell zu helfen.«

Das Bundesinnenministerium hatte einen Alleingang Deutschlands aber bereits abgelehnt, mit der Begründung, dass sich dann die anderen EU-Länder ihrer Verantwortung entziehen würden.

Angesichts schwerer Luftangriffe in Nordsyrien und Zehntausender fliehender Menschen warnt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bereits vor einer »neuen Migrationswelle« in Richtung Europa. Mehr als 80.000 Menschen seien auf dem Weg zur türkischen Grenze, sagte er am Sonntag. »Alle europäischen Länder, insbesondere Griechenland, werden die negativen Folgen zu spüren bekommen.« Es werde »unvermeidlich« zu Szenen wie vor dem 2016 geschlossen Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei kommen.

Das Abkommen führte zu einem deutlichen Rückgang der Zahl derer, die sich von der Türkei aus auf nach Europa - oft nach Deutschland - machten. Es sieht vor, dass Griechenland illegal eingereiste Migranten zurück in die Türkei schicken kann. Im Gegenzug übernimmt die EU andere syrische Flüchtlinge aus der Türkei und hilft mit Geld. (dpa)