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Trumps Verteidigungsminister Mattis tritt zurück

Personalwechsel gibt es unter US-Präsident Trump nicht zu knapp. Doch dieser hat es besonders in sich. Denn mit dem Pentagon-Chef tritt einer in offener Rebellion ab, den selbst die Opposition als Stabilitätsanker preist. Bedeutet das eine Zäsur?

James Mattis
James Mattis wird Ende Februar seinen Posten als US-Verteidigungsminister räumen. Foto: Carolyn Kaster/AP
James Mattis wird Ende Februar seinen Posten als US-Verteidigungsminister räumen. Foto: Carolyn Kaster/AP

WASHINGTON. Es ist ein Personalwechsel der besonderen Art: US-Verteidigungsminister James Mattis wird Ende Februar seinen Posten räumen - aus Protest gegen den Kurs von Präsident Donald Trump.

Am Donnerstagabend (Ortszeit) gab Trump den Abgang via Twitter bekannt. Mattis meldete sich kurz darauf in einem publik gemachten Rücktrittsschreiben an Trump selbst zu Wort. Darin nannte er grundlegende inhaltliche Differenzen mit dem Präsidenten als Grund für seinen Rückzug.

Maßgeblich für den Entschluss soll auch Trumps hochumstrittene Entscheidung gewesen sein, alle US-Soldaten aus Syrien abzuziehen. Politiker von Demokraten wie Republikanern reagierten schockiert auf Mattis' Ankündigung: Ihrer Einschätzung nach verschwindet mit ihm die letzte Stimme der Vernunft in der Trump-Administration.

Mattis steht seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 an der Spitze des Pentagons. Der Vier-Sterne-General hat eine lange Militärkarriere hinter sich. Er gilt als ruhig, bedacht, diszipliniert. Keiner, der sich in den Vordergrund drängt. Markige Sprüche sind nicht seine Sache. Mattis ist einer der letzten in Trumps Regierung, mit denen Begriffe wie Zurückhaltung oder Integrität verbunden werden. Er genießt Ansehen bei Republikanern wie Demokraten.

Mit öffentlichem Widerspruch gegen den Präsidenten hielt sich Mattis bisher zurück - auch wenn er oft anderer Meinung war. Er bevorzugte, im Hintergrund mäßigend zu wirken, anstatt öffentlich die Konfrontation zu suchen. Einmal erklärte er, sein Rat an den Präsidenten sei vertraulich. Seine Loyalität brachte ihm Trumps Wohlwollen ein.

US-Medien zufolge versuchte Mattis auch im Fall Syrien, den Präsidenten umzustimmen. Noch am Donnerstag soll er auf Trump eingeredet haben - allerdings ohne Erfolg. Daraufhin habe er seinen Rückzug erklärt.

Trump hatte am Mittwoch überraschend bekanntgegeben, dass er alle 2000 US-Soldaten aus Syrien heimholen will - die Terrororganisation IS sei schließlich besiegt. Der Aufschrei war groß: in den USA und weit über die Landesgrenzen hinaus. Selbst Parteifreunde von Trump äußerten sich schockiert und bezeichneten einen überstürzten Abzug als fatal. Fachleuten zufolge ist der IS keineswegs besiegt. Nach US-Medienberichten setzte sich Trump aber über alle Warnungen aus seinem Umfeld hinweg - auch über den Rat von Mattis.

Kurz nach dessen Rückzugsankündigung tauchte am Donnerstagabend (Ortszeit) die Nachricht auf, die US-Regierung wolle auch aus Afghanistan die Hälfte ihrer 14 000 Soldaten abziehen. Ein Schritt, der ebenfalls gegen Mattis' Kurs geht. Auch das spricht Bände.

In seinem Rücktrittsbrief beschrieb Mattis ausführlich, was ihm widerstrebt. Und er betonte darin die Bedeutung internationaler Allianzen. Es sei unverzichtbar für die USA, starke Partnerschaften zu pflegen und Verbündete mit Respekt zu behandeln - etwa die Nato und das internationale Anti-IS-Bündnis. Gleichzeitig müssten die USA unmissverständlich in ihrer Haltung gegenüber Ländern wie Russland oder China auftreten, deren Interessen den eigenen zuwiderliefen.

»Da Sie das Recht auf einen Verteidigungsminister haben, dessen Positionen mehr auf Ihrer Linie liegen in dieser und in anderen Fragen, halte ich es für richtig, meinen Posten zu räumen«, schrieb Mattis an Trump. Der Präsident hat sich eher einen Namen damit gemacht, internationale Partner reihenweise vor den Kopf zu stoßen und ungewohnte Nähe zu einstigen Gegnern zu demonstrieren. Ein Kurs, den Mattis nicht mehr mittragen will.

Trump mühte sich, jeden Anschein von Differenzen mit Mattis zu zerstreuen und lobte dessen Arbeit. Doch Mattis' überdeutliche Worte lassen sich davon nicht übertünchen.

Die Frontfrau der Demokraten im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, nannte Mattis' Schreiben einen »wunderbaren Brief über unsere Werte«. Mattis sei eine »Stimme der Stabilität« in Trumps Kabinett. Dass er gehe, bestürze sie. »Das ist ein sehr trauriger Tag für unser Land.« Der Fraktionschefs der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, machte in Trumps Administration komplettes Chaos aus.

Mit Mattis geht auch die Zeit der Generäle in der Administration Trumps zu Ende. Zuvor waren bereits die hochdekorierten Militärs Michael Flynn und Herbert Raymond McMaster ausgeschieden, zum Jahreswechsel geht auch Stabschef John Kelly, ebenfalls Ex-Militär.

Hinzu kamen diverse andere Personalwechsel. Trump feuert in hoher Taktzahl Leute aus der eigenen Mannschaft und hat zunehmend Probleme, die Posten nachzubesetzen. Den Job des Stabschefs lehnten zuletzt gleich mehrere Kandidaten dankend ab. Für Trumps Außenwirkung ist das fatal. Dass ihm nun auch angesehene Leute aus dem Kabinett davonlaufen, gibt ebenfalls ein desaströses Bild ab.

Zunehmend melden sich inzwischen Republikaner besorgt zu Wort. Das Echo auf Trumps Syrien-Entscheidung in der eigenen Partei war verheerend. Und auch der Rückzug von Mattis bereitet hier Sorgen. Der Top-Republikaner Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat, äußerte sich ungewöhnlich deutlich: Er sei »besonders erschüttert«, dass Mattis wegen Differenzen mit dem Präsidenten gehe. Die USA müssten ein klares Verständnis davon behalten, wer international Freund und wer Feind sei. McConnell rief Trump dringend auf, einen Nachfolger zu benennen, der diese grundlegenden Prinzipien von Mattis teile. (dpa)