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Trump greift Ex-Sicherheitsberater Bolton an

Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump wollen die Demokraten seinen früheren Sicherheitsberater Bolton als Zeugen anhören. Dessen Aussage könnte Sprengstoff bergen. Trump attackiert Bolton nun scharf - und stellt ihn als Kriegstreiber dar.

Donald Trump und John Bolton
Der damalige Sicherheitsberater John Bolton (r) steht während einer Pressekonferenz neben US-Präsident Donald Trump (Archiv). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Der damalige Sicherheitsberater John Bolton (r) steht während einer Pressekonferenz neben US-Präsident Donald Trump (Archiv). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Washington (dpa) - Der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton entwickelt sich im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump zu einer Schlüsselfigur. Die Demokraten sehen ihn inzwischen als Kronzeugen zur Aufklärung der Ukraine-Affäre, der Präsident hingegen stellt seinen früheren Top-Mitarbeiter als durchgeknallten Hardliner dar. Infolge der jüngst bekanntgewordenen Aussagen Boltons scheinen nun auch mehrere republikanische Senatoren eine Vorladung von Zeugen im Impeachment-Verfahren ernsthaft in Erwägung zu ziehen - was Trump wohl sehr ungelegen käme.

Der Präsident tat unterdessen sein Möglichstes, um Boltons Glaubwürdigkeit zu untergraben. »Wenn ich auf ihn gehört hätte, wären wir jetzt im Sechsten Weltkrieg«, schrieb Trump am Mittwoch auf Twitter. Daher habe er Bolton feuern müssen. Das Impeachment-Verfahren trat im Senat unterdessen in die nächste Phase. Nach Abschluss der Eröffnungsplädoyers bekamen die Senatoren am Mittwoch erstmals die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Bis einschließlich Donnerstag haben sie Zeit, die Anklagevertreter des Repräsentantenhauses und Trumps Verteidiger schriftlich zu befragen.

Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen unter anderem die Freigabe der Militärhilfe abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren.

Von der »New York Times« verbreitete Informationen aus einem unveröffentlichten Buch-Manuskript Boltons hatten zuvor neue Bewegung in das Amtsenthebungsverfahren im US-Senat gegen Trump gebracht. Demnach soll Trump Bolton im August gesagt haben, er wolle die fast 400 Millionen US-Dollar (circa 355 Millionen Euro) umfassende Militärhilfe für die Ukraine so lange zurückhalten, bis Kiew Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden einleite. Das widerspricht einem Kernpunkt von Trumps Verteidigung im Impeachment-Verfahren. Der Präsident weist die Darstellung zurück.

Die Demokraten sehen sich darin in ihrer Forderung bestärkt, Bolton im Amtsenthebungsverfahren als Zeugen vorzuladen. »Es kann kein faires Verfahren geben ohne Zeugen«, sagte der führende Ankläger des Repräsentantenhauses, der Demokrat Adam Schiff. Besonders ein Zeuge wie Bolton, der so relevante Informationen zum »ernsthaften und ungeheuerlichen Fehlverhalten« des Präsidenten habe, müsse vorgeladen werden, forderte Schiff. Bolton hatte eine Vernehmung im Repräsentantenhaus ohne vorige richterliche Prüfung abgelehnt, hatte dann aber überraschend mitgeteilt, er würde im Senat aussagen.

Der Senat, in dem Trumps Republikaner die Mehrheit haben, dürfte voraussichtlich am Freitag darüber abstimmen, ob in dem Verfahren neue Zeugen und Beweise zugelassen werden. Medienberichten zufolge könnten sich die Demokraten in dem Streitpunkt womöglich doch durchsetzen. Es gebe im Senat momentan keine ausreichende Mehrheit, das Ansinnen der Demokraten zu blockieren, sagte der Mehrheitsführer der Republikaner, Mitch McConnell, demzufolge am Dienstag (Ortszeit).

McConnell soll in einem vertraulichen Treffen mit republikanischen Senatoren aber nicht ausgeschlossen haben, bis zur Abstimmung die nötige Mehrheit von 51 Senatoren zu versammeln, wie unter anderem die »Washington Post« und das »Wall Street Journal« berichteten. Sollten keine neuen Zeugen zugelassen werden, könnte der von den Republikanern kontrollierte Senat Trump theoretisch noch am Freitag freisprechen oder die Anklagepunkte gegen den Präsidenten abweisen.

Trump nannte Bolton am Mittwoch nicht namentlich, aus seinen Tweets wurde aber unverkennbar deutlich, wer gemeint war. Trump schrieb von einem »Typen, der nicht als Botschafter bei der UN bestätigt werden konnte, seitdem für nichts bestätigt werden konnte«. Bolton habe ihn um einen Posten »angebettelt«, bei dem eine Bestätigung durch den Senat nicht notwendig ist. Er - Trump - habe ihm den Job gegeben, »obwohl viele gesagt haben, «tun Sie das nicht, Sir»«.

Trump kritisierte, Bolton habe nach seiner Entlassung »sofort ein gemeines und unwahres Buch« geschrieben. »Alles geheime nationale Sicherheit.« Das Buch mit dem Titel »The Room Where It Happened« (etwa: Der Raum, in dem es geschah) soll im März erscheinen. In einem standardmäßigen Prozedere habe Bolton auch eine Rohfassung an das Weiße Haus geschickt, um prüfen zu lassen, ob dort geheime Informationen enthalten seien, schrieb die »New York Times«.

Der Senat nimmt bei dem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte. Wegen der republikanischen Mehrheit in der Kammer gilt es als extrem unwahrscheinlich, dass Trump am Ende des Amtes enthoben wird. Dafür müssten 20 republikanische Senatoren mit den Demokraten stimmen.

Für die Zulassung von Zeugenaussagen hingegen wäre eine einfache Mehrheit ausreichend, die Demokraten müssten dafür nur vier republikanische Senatoren auf ihre Seite ziehen. Die Republikaner Mitt Romney und Susan Collins hatten am Montag erklärt, dass es inzwischen starke Argumente für die Vorladung von Zeugen gebe, die wohl auch andere Republikaner überzeugten.