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Tod im Grenzfluss: Ein Foto löst weltweit Bestürzung aus

Das Bild ist kaum zu ertragen, verdeutlicht es doch auf brutale Weise das Drama der Migranten an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Dort wird wieder härter gegen Menschen durchgegriffen, die auf der Flucht vor Elend und Gewalt in die Vereinigten Staaten wollen.

Vater und Tochter tot im Grenzfluss
Die Ehefrau zeigt einem mexikanischen Beamten die Stelle, wo ihr Mann und ihre fast zweijährige Tochter beim Überqueren des Rio Grande verschwunden sind. Die Leichen der Ertrunkenen wurden rund 500 Meter entfernt entdeckt. Foto: Julia Le Duc/AP
Die Ehefrau zeigt einem mexikanischen Beamten die Stelle, wo ihr Mann und ihre fast zweijährige Tochter beim Überqueren des Rio Grande verschwunden sind. Die Leichen der Ertrunkenen wurden rund 500 Meter entfernt entdeckt. Foto: Julia Le Duc/AP

MEXIKO-STADT. Ein schockierendes Foto von der Grenze zwischen Mexiko und den USA berührt Menschen in aller Welt: Es zeigt nach Medienberichten die Leichen eines jungen Mannes aus El Salvador und seiner knapp zweijährigen Tochter.

Sie seien bei dem Versuch ertrunken, über den Rio Grande illegal aus Mexiko in die USA zu gelangen. Die Regierung El Salvadors sprach von einer »Tragödie« und sagte der Familie am Dienstag (Ortszeit) schnelle Hilfe zu. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador bedauerte den Vorfall und kritisierte die zunehmende Ablehnung von Migranten in den USA.

Das Bild erinnert in seiner Wirkung an das Foto des dreijährigen syrischen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi, dessen Leiche im Spätsommer 2015 an einem Strand in der Türkei gefunden wurde.

Das Unglück im Grenzgebiet zwischen Mexiko und den USA geschah bereits am Sonntag, wie die Zeitung »La Jornada«, die das Foto des Vaters und seiner Tochter zuerst veröffentlichte, und andere mexikanische Medien berichteten. Der etwa 25-jährige Mann und seine 21 Jahre alte Frau hätten versucht, mit ihrer kleinen Tochter am Grenzort Matamoros den Fluss zu überqueren, um von Mexiko aus nach Texas zu gelangen.

Zunächst habe der Vater das kleine Mädchen auf der US-Seite am Ufer abgesetzt. Dann sei er zur mexikanischen Seite zurückgekehrt, um seine Frau zu holen. In dem Moment sei die Tochter ins Wasser gesprungen. Der Vater habe sie noch greifen können, beide seien dann aber von der starken Strömung mitgerissen worden, zitierte »La Jornada« die Frau. Nach einer stundenlangen Suche hätten Rettungskräfte die beiden Leichen dann am Montag rund 500 Meter entfernt entdeckt.

Die Familie habe seit rund zwei Monaten in einem Migrantenlager gelebt und auf die Gelegenheit gewartet, in den USA Asyl zu beantragen, sagte die Frau weiter. Ihre Schwiegermutter sagte der Zeitung »La Prensa Gráfica« in El Salvador, sie habe versucht, ihren Sohn von dem Vorhaben abzubringen: »Ich habe ihn gebeten, den amerikanischen Traum nicht zu verfolgen.«

El Salvadors Staatschef Nayib Bukele habe angeordnet, die Leichen so schnell wie möglich in das mittelamerikanische Land zu überführen, teilte das Präsidialamt am Dienstag (Ortszeit) in der Hauptstadt San Salvador mit. Auch solle die Familie finanziell unterstützt werden. »Eines Tages werden wir ein Land errichtet haben, wo solche Dinge nicht passieren und in dem Migration eine Option und nicht eine Notwendigkeit ist«, wurde Bukele zitiert.

Gerade aus El Salvador und anderen mittelamerikanischen Ländern wie Honduras und Guatemala versuchen jedes Jahr Tausende Menschen, auf der Flucht vor Armut und Gewalt über Mexiko die USA zu erreichen.

Mexikos Präsident López Obrador sagte auf einer Pressekonferenz: »Wir haben immer verurteilt, dass wegen der gestiegenen Ablehnung in den USA Menschen in der Wüste oder beim Überqueren des Río Bravo (Anm. d. Red.: das ist der mexikanische Name für den Rio Grande) das Leben verlieren.« Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Beto O'Rourke twitterte aus der texanischen Grenzstadt El Paso: »Trump ist verantwortlich für diese Tode.«

Der kommissarische Chef der US-Grenzschutzbehörde, John Sanders, kündigte indes am Dienstag (Ortszeit) nach nur zwei Monaten im Amt seinen Rücktritt an. Er werde den Posten am 5. Juli niederlegen, sagte er in einem Schreiben, aus dem verschiedene US-Medien zitieren. Einen Grund für den Schritt nannte Sanders nicht. Die Behörde war zuletzt wegen besorgniserregender Zustände in einem US-Grenzlager für Migrantenkinder stark kritisiert worden. Die Tätigkeit für die Grenzschutzbehörde sei die »erfüllendste und zufriedenstellendste« Aufgabe seiner Karriere gewesen, schrieb er an seine Mitarbeiter.

Aufgrund der steigenden Zahl illegaler Grenzübertritte aus Mexiko in die USA sind die Grenzlager überlastet. Zu Wochenbeginn waren Details über die Zustände in einer Unterkunft in Clint (Bundesstaat Texas) bekannt geworden. In der überfüllten Einrichtung soll es an grundlegenden Hygiene-Produkten wie Seife und Zahnbürsten gemangelt haben. Die Enthüllungen lösten Proteste gegen den Umgang mit minderjährigen Migranten in den USA aus.

Vorsicht, sensibler Inhalt: Hier sehen Sie die Fotos der Ertrunkenen.

An der Grenze zwischen den USA und Mexiko werden immer mehr Migranten aus Lateinamerika auf dem Weg nach Norden aufgegriffen. Zahlen und Fakten:

GRENZÜBERTRITTE: Die Zahl der Migranten aus Richtung Mexiko hat jüngst deutlich zugenommen. In den acht Monaten zwischen Oktober 2018 und Mai 2019 wurden nach Angaben der US-Grenzschutzpolizei CBP mehr als 676 000 Menschen aufgegriffen. Das sind etwa doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor. Zuletzt registrierte CBP monatlich mehr als 100.000 Grenzübertritte.

GRENZTOTE: Auf der Fluchtroute über die Grenze zwischen den USA und Mexiko sind nach Schätzungen der UN-Organisation für Migration (IOM) in der ersten Jahreshälfte 2019 mindestens 170 Menschen ums Leben gekommen. Einige von ihnen gelten als vermisst (Stand: 26. Juni). Im gesamten Jahr 2018 gab es IOM zufolge dort 439 Tote.

GRENZSTREIT: Die Grenze zwischen den USA und Mexiko ist etwa 3200 Kilometer lang. US-Präsident Donald Trump will an der Hälfte der Strecke eine Mauer errichten lassen. Der Rest ist nach seinen Worten durch natürliche Barrieren wie Flüsse geschützt. Mehrere Organisationen und US-Bundesstaaten gehen juristisch gegen die umstrittenen Pläne vor. Auch über die Finanzierung des Projekts gibt es Streit. Aktuell stehen nach Angaben der US-Grenzschutzbehörde etwa 1050 Kilometer befestigte Grenzanlagen. (dpa)