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Aktuell Konflikt

Türkische Armee erobert syrische Kurden-Stadt Afrin

Istanbul (dpa) - Knapp zwei Monate nach dem Beginn der Militäroffensive in Nordwestsyrien haben die türkische Armee und verbündete Rebellen die umkämpfte kurdische Stadt Afrin eingenommen.

Afrin
Von der Türkei unterstützte Soldaten der Freien Syrischen Armee (FSA) marschieren durch das Stadtzentrum von Afrin. Foto: Hasan Kirmizitas/DHA-Depo Photo/AP
Von der Türkei unterstützte Soldaten der Freien Syrischen Armee (FSA) marschieren durch das Stadtzentrum von Afrin. Foto: Hasan Kirmizitas/DHA-Depo Photo/AP

Das Stadtzentrum sei seit 08:30 Ortszeit »vollkommen« von türkischen Einheiten eingenommen, sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Sonntag bei einer Rede anlässlich des »Tags der Märtyrer« im westtürkischen Canakkale. Die türkische Fahne und die der verbündeten Freien Syrischen Armee (FSA) wehten nun in Afrin.

Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte die Einnahme des Stadtzentrums. Es habe am Sonntag aber noch Kämpfe mit einigen kurdischen Einheiten in der Stadt gegeben, die vereinzelt Widerstand leisteten. Ein Sprecher der FSA-Rebellen sagte der Deutschen Presse-Agentur, seine Einheiten kontrollierten nun 97 Prozent von Afrin. Eine Bestätigung von kurdischer Seite gab es zunächst nicht.

Türkische Offensive
Panzer der türkischen Armee in Afrin, Syrien. Die Türkei sieht die YPG wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK als Terrororganisation. Foto: XinHua/Archiv
Panzer der türkischen Armee in Afrin, Syrien. Die Türkei sieht die YPG wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK als Terrororganisation. Foto: XinHua/Archiv

Die türkischen Streitkräfte (TSK) teilten mit, das Gebiet werde nun von Minen und Sprengsätzen gesäubert. Auf von der Armee verbreiteten Bildern waren mit türkischen Fahnen geschmückte Panzer zu sehen, die demnach durch die Straßen Afrins rollten.

Die Türkei hatte den Militäreinsatz gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordwestsyrien am 20. Januar begonnen. Sie sieht die YPG wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK als Terrororganisation und begründet den Einsatz mit Selbstverteidigung. Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste. Die YPG dagegen ist wichtiger Partner der USA im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). In Deutschland hatten Bundestagsabgeordnete mehrerer Parteien den Einsatz als völkerrechtswidrig verurteilt.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle harren noch tausende Zivilisten in Afrin aus. In den vergangenen Tagen waren angesichts der türkischen Offensive Zehntausende Menschen aus Afrin geflohen. Am Samstag hatte ein mutmaßlicher türkischer Angriff auf ein Krankenhaus in Afrin von Freitagnacht für Aufregung gesorgt. Während die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und ein Arzt in Afrin von 16 Toten durch türkischen Beschuss berichteten, dementierten die türkischen Streitkräfte den Angriff.

Afrin
Ein türkischer und ein von der Türkei unterstützter Soldat der Freien Syrischen Armee (FSA) halten eine türkische und eine FSA-Flagge im Stadtzentrum von Afrin. Foto: Hasan Kirmizitas/DHA-Depo Photo/AP/
Ein türkischer und ein von der Türkei unterstützter Soldat der Freien Syrischen Armee (FSA) halten eine türkische und eine FSA-Flagge im Stadtzentrum von Afrin. Foto: Hasan Kirmizitas/DHA-Depo Photo/AP/

Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden seit Beginn der türkischen Offensive 289 Zivilisten getötet. Die Türkei dagegen bestreitet, dass es zivile Opfer gegeben habe.

Auch in dem Rebellengebiet Ost-Ghuta nahe Damaskus waren am Samstag erneut rund 10 000 vor Kämpfen geflohen, berichteten die Menschenrechtsbeobachter. Damit seien mehr als 40 000 Menschen in den vergangenen Tagen allein aus Ost-Ghuta in Richtung der von der syrischen Armee kontrollierten Gebiete geflohen.

Ost-Ghuta grenzt an die Hauptstadt Damaskus und ist seit 2013 unter Kontrolle von Aufständischen. Zuletzt intensivierten die überwiegend islamistischen Gruppen den Beschuss mit Granaten auf die syrische Hauptstadt. Nach einem Bericht der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana sind am Samstag 15 Zivilisten durch Rebellengranaten in Damaskus verletzt worden. Durch syrische und russische Luftangriffe seien dagegen mindestens 30 Zivilisten in Ost-Ghuta getötet worden, berichtete die Beobachtungsstelle. Ost-Ghuta ist eines der letzten Gebiete in Syrien, das noch unter Kontrolle von Rebellen steht.