CDU-Chef Friedrich Merz hat sich hinter die Einführung einer Frauenquote in der Partei gestellt. Mit einem Kompromissvorschlag will er beim Parteitag im September in Hannover für die Annahme der im September 2020 von der damaligen CDU-Spitze gebilligten Vorschläge werben.
Demnach soll die Quote bis Mitte 2025 schrittweise bei 50 Prozent liegen. Der Vorschlag von Merz sieht nach Angaben von Generalsekretär Mario Czaja vor, dass die Quote Ende 2029 ausläuft und evaluiert wird. Mit den neuen Regelungen will die CDU attraktiver für Frauen werden. Bislang sind nach Czajas Angaben 25 Prozent der Parteimitglieder weiblich.
Czaja sagte nach Beratungen der Spitzengremien der CDU, Merz habe in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht, dass eine Quote für ihn nur die zweitbeste Lösung sei. Beim Parteitag Anfang September wolle der Vorsitzende nun für den Kompromiss werben und ihn zur Annahme empfehlen. »Unsere Erwartung ist, dass der Anteil der Frauen in der Partei deutlich höher wird«, sagte Czaja. Man hoffe, dass man im Anschluss über diese Frage gar nicht mehr diskutieren müsse.
In anderen Parteien ist eine Frauenquote teils schon seit vielen Jahren in unterschiedlichen Varianten etabliert - etwa bei den Grünen oder der SPD. Gesetzliche Verankerungen, die Parteien auf Landesebene dazu zwingen sollten, ihre Wahllisten zum Beispiel für Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen, scheiterten dagegen in mehreren Bundesländern an Gerichtsentscheidungen.
Es gibt nach wie vor unterschiedliche Ansichten
Aus CDU-Kreisen hieß es, Merz habe mit seinem Vorschlag die verschiedenen Lager geeint - Frauen Union (FU) und die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) könnten damit leben. Mit der Befristung und Evaluierung gebe es keine Gewinner und Verlierer. Die FU hatte für die Quote plädiert, die MIT dagegen. Czaja räumte ein, dass es in der Partei nach wie vor unterschiedliche Ansichten über die Quote gebe. Entscheiden müssten die 1001 Delegierten des Parteitags.
Die MIT zog vor den Beratungen einen Antrag für eine Mitgliederbefragung zur Frauenquote zurück. Die MIT-Vorsitzende Gitta Connemann blieb allerdings bei ihrer Ablehnung. Der »Bild«-Zeitung sagte sie: »Wir brauchen mehr starke Frauen. Aber diese bekommen wir nicht mit Quoten.« Auch aus der Jungen Union (JU) war zu hören, dass es nach wie vor große Skepsis gegenüber einer Quote gebe. FU-Chefin Annette Widmann-Mauz äußerte Respekt dafür, dass sich Merz hinter die Quoten-Vorschläge gestellt habe. Dies sei ein Zeichen dafür, dass er versuche, alle in der Partei mitzunehmen.
Der Vorschlag der Struktur- und Satzungskommission war bereits im September 2020 vom damaligen Parteivorstand gebilligt worden. Wegen der Corona-Pandemie konnten die Änderungen allerdings noch nicht von einem Parteitag beschlossen werden. Dies soll nun beim Delegiertentreffen am 9. und 10. September in Hannover geschehen. Der Vorschlag sieht vor, dass bis 2025, beginnend bei Vorstandswahlen auf Kreisebene, schrittweise eine Frauenquote bis 50 Prozent eingeführt werden soll. Er umfasst auch eine 50-Prozent-Quote für die ersten zehn Listenplätze bei Landtags-, Bundestags- und Europa-Wahlen.
Wegen der lange verzögerten Abstimmung auf einem Parteitag veränderte der CDU-Vorstand nun die Fristen für die Einführung der Quote. So soll zum 1. Januar 2023 eine Quote von 30 Prozent gelten, ein Jahr später eine von 40 Prozent. Die 50-Prozent-Marke soll wie bisher zum 1. Juli 2025 erreicht sein. Nach dem Merz-Vorschlag soll die Quote zum 31. Dezember 2029 wieder auslaufen.
Der niedersächsische CDU-Chef Bernd Althusmann stellte sich hinter die Quotenvorschläge. »Wir müssen als moderne Partei weltoffen, gelassen, entkrampft mit diesem Thema umgehen«, sagte er. Die Menschen in Deutschland hätten »andere Probleme, als darauf zu schauen, dass die CDU Deutschlands sich in dieser Frage zerstreitet«. Am 9. Oktober wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt - Althusmann dürfte kein Interesse haben, dass die Diskussion über eine Frauenquote den Wahlkampf seiner Partei überschattet.
»Die CDU muss jünger und weiblicher werden«
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein, der als Nachfolger von Volker Bouffier zum ersten Mal an einer Sitzung der CDU-Bundesspitze teilnahm, nannte die Frauenquote nur die zweitbeste Lösung. Es müsse aber dringend etwas gegen die Unterrepräsentation von Frauen in Führungsetagen getan werden. »Die CDU muss jünger und weiblicher werden.«
Er rate zu Besonnenheit und Gelassenheit bei dem Thema. Die Quotenfrage dürfe nicht die viel wichtigere Frage überlagern, wie sich die CDU insgesamt als Volkspartei aufstelle.
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