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Steinmeier zu Besuch in Litauen

Fast 1000 deutsche Soldaten stehen in Litauen in einem Nato-Verband. Ihre Aufgabe: Abschreckung. Der Bundespräsident macht sich vor Ort ein Bild von der Lage.

Steinmeier in Litauen
Bundespräsident Steinmeier ist wegen des Krieges in der Ukraine zu einem eintägigen Besuch in Litauen - hier zusammen mit seinem Amtskollegen Gitanas Nauseda. Foto: Bernd von Jutrczenka
Bundespräsident Steinmeier ist wegen des Krieges in der Ukraine zu einem eintägigen Besuch in Litauen - hier zusammen mit seinem Amtskollegen Gitanas Nauseda.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Nato und EU dazu aufgerufen, im Ukraine-Krieg weiterhin geschlossen zusammenzustehen gegen die Aggression Russlands.

»Die Einigkeit und die Geschlossenheit der Nato und der Europäischen Union sind der Schlüssel zu unserer Stärke«, sagte er am Donnerstag bei einem Besuch des von der Bundeswehr geführten Nato-Gefechtsverbandes in Litauen. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sei es nicht gelungen, den Westen zu spalten. »Im Gegenteil, er hat die innere Stärke unserer Demokratien mobilisiert, unseren Willen gestärkt, uns gegen Bedrohungen zur Wehr zu setzen.«

Wichtig sei, diese Einheit weiter zu bewahren. »Nichts deutet leider zur Zeit auf ein baldiges Ende des Krieges hin. Wir werden einen langen Atem brauchen - und wir werden ihn haben«, versicherte Steinmeier. Er forderte Putin erneut auf, den Angriffskrieg in der Ukraine sofort zu beenden. Dieser Krieg sei »völkerrechtswidrig«, betonte Steinmeier. Mit der Lieferung von Waffen an die Ukraine habe Deutschland »einen großen Schritt gemacht und mit alten Gewissheiten gebrochen«.

Litauen dankt für Aufstockung

Litauens Staatspräsident Gitanas Nausėda dankte der Bundesregierung für diesen Schritt und die jüngste Aufstockung des deutschen Kontingents in seinem Land um rund 350 Soldatinnen und Soldaten. »Wir sind bereit, noch mehr deutsche Truppen auf unserem Boden aufzunehmen«, sagte er. Er hoffe, dass sich Deutschland bald dafür entscheide. Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei ein Angriff auf ganz Europa und »auf die gesamte westliche Welt«. Der russische Aggressor müsse eine Gegenreaktion bekommen. »Falls Putin den Krieg nicht beendet, wird es für Russland schmerzliche Folgen haben.«

Es ist bereits die zweite Reise des Bundespräsidenten ins Baltikum innerhalb weniger Tage. Erst Mitte Februar war Steinmeier in Riga gewesen, der Hauptstadt Lettlands. Er weiß, wie groß die Sorge der drei baltischen Staaten ist, dass Putin seine Aggression nicht auf die Ukraine begrenzt. Dass sie die nächsten Opfer werden könnten - trotz EU- und Nato-Mitgliedschaft. Litauen etwa grenzt an die russische Exklave Kaliningrad sowie an Russlands Verbündeten Belarus, dessen Territorium als Aufmarschgebiet für Putins Streitkräfte dient.

Bereits in der Rede direkt nach seiner Wiederwahl am 13. Februar hatte Steinmeier darauf hingewiesen, dass jetzt in vielen Ländern Osteuropas die Angst wachse. »Deshalb stehen wir an der Seite der Esten, der Letten, der Litauer. Wir stehen gemeinsam mit Polen, Slowaken und Rumänen und allen Bündnispartnern. Sie können sich auf uns verlassen.«

War Deutschland zu lasch?

Daran waren allerdings zwischenzeitlich Zweifel aufgekommen. Die anfängliche Weigerung der Bundesregierung, das Pipelineprojekt Nord Stream 2 zu stoppen, Waffen an die Ukraine zu liefern oder Russland aus dem Bankenkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen, sorgte in Vilnius, Riga und Tallinn für Verunsicherung. Mancher sah sich nun in seiner Einschätzung bestätigt, dass Deutschland zu lasch mit Russland umgeht, dass Berlin gute Beziehungen zu Moskau über alles andere stellt. Mit viel Wohlwollen wurden daher die deutschen Kehrtwenden der vergangenen Tage und die Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag registriert.

Wie das Zusammenstehen des Westens in der Praxis ausschaut, sahen sich Steinmeier und Nausėda beim Besuch des deutschen Kontingents des in Rukla stationierten Nato-Gefechtsverbandes an. Mit an die 1000 von etwa 1600 Soldatinnen und Soldaten stellt die Bundeswehr in diesem Verband aus derzeit sechs Nationen das größte Kontingent.

Zudem führt die Bundeswehr seit 2017 die »Enhanced Forward Presence Battle Group« (EFP), wie der Verband im Nato-Jargon heißt. Dessen Kommandeur, Oberstleutnant Daniel Andrä vom Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck in Mecklenburg-Vorpommern, ließ keinen Zweifel, dass seine Truppe für alle möglichen Eskalationsfälle von russischer Seite an der Nato-Ostflanke gerüstet ist. »Was wir hier haben, ist eine kampfkräftige, robuste Battle Group.« Diese sei ein »sehr scharfes Schwert«, das durch die jüngsten Aufstockungen noch schärfer geworden sei.

Der Gefechtsverband verfüge über »viel Großgerät, viele Kampfpanzer, viel Equipment«, fügte Andrä hinzu. Er sei bestens ausgerüstet und ausgebildet. »Derzeit steht der Feind jetzt nicht unbedingt direkt vor Rukla oder vor unserer Battle Group. Aber wir haben einen Feind und eine reale Bedrohung, die täglich sichtbar und spürbar ist.«

Hintergrund Enhanced Forward Presence Battle Group

© dpa-infocom, dpa:220303-99-370084/3