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Stamp warnt vor »kolonialer Attitüde« bei Migrationsabkommen

Die EU überlegt, Wirtschaftshilfe an die Bereitschaft von Ländern zu koppeln, Migranten zurückzunehmen. Das könne wie ein koloniales Auftreten wirken, sagt der deutsche Sonderbevollmächtigte.

Migration
Migranten in der spanischen Exklave Melilla in Nordafrika. Foto: Javier Bernardo
Migranten in der spanischen Exklave Melilla in Nordafrika.
Foto: Javier Bernardo

Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen hat davor gewarnt, Herkunftsländern von Migranten mit der Aberkennung von Visa oder Wirtschaftshilfen zu drohen, um sie zu mehr Rücknahmen zu bewegen. »Wenn wir mit der kolonialen Attitüde auftreten, «wir hier als starke Europäer zeigen euch jetzt, wie es geht», dann verletzen wir da häufig auch den Stolz der Bevölkerung«, sagte Joachim Stamp (FDP) im RTL/ntv-»Frühstart« am Donnerstag. »Das machen dann die dortigen Politikerinnen und Politiker auch nicht mit.«

Hintergrund sind jüngste Bestrebungen der EU, angesichts überlasteter Asylsysteme in vielen EU-Staaten mehr abgelehnte Asylsuchende in ihre Heimat abzuschieben. Brüssel versucht dies seit Jahren, kommt aber kaum voran. Umstritten ist dabei, wie viel Druck die EU auf Herkunftsländer ausüben sollte, mit denen die Kooperation schwierig ist, und wie sehr andererseits Anreize für Zusammenarbeit geschaffen werden sollten. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich zuletzt dagegen aus, die EU-Visapolitik offensiv als Druckmittel zu verwenden. Die schwedische Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard sagte nach einem Treffen der EU-Innenminister vergangene Woche dagegen, die EU-Staaten seien sich einig, dass dies ein wichtiges Instrument sei.

Stamp, der frühere nordrhein-westfälische Integrationsminister, soll als Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen mit dafür sorgen, mit den Herkunftsländern Vereinbarungen zu schließen, die Erwerbsmigration vereinfachen und Abschiebungen erleichtern. Der neu geschaffene Posten ist im Bundesinnenministerium angesiedelt.

Stamp sagte weiter, er möchte den Staaten Visa für Ausbildungsplätze oder Jobs anbieten. Zudem forderte er mehr Engagement in Transitländern wie Niger. Wenn man Menschen dort informieren würde, was sie in Europa tatsächlich erwarte, »dann würden viele sich möglicherweise gar nicht erst auf den Weg machen«. Er schlug zudem vor, die Union bei der Neuaufstellung von Migrationsabkommen mit ins Boot zu holen. Schließlich würden viele Innenministerien in den Bundesländern von CDU- und CSU-Politikern geführt. Die Länder sind in Deutschland für Abschiebungen verantwortlich.

© dpa-infocom, dpa:230202-99-448030/2