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Städtetag: Schieflage bei Verteilung von Kriegsflüchtlingen

Fast 220.000 aus der Ukraine vertriebene Menschen sind bereits in Deutschland registriert - der Deutsche Städtetag mahnt nun eine effektive Verteilung auf Orte mit derzeit noch freien Kapazitäten an.

Geflüchtete Menschen in Ellwangen
Neuankömmlinge gehen in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) zu ihrem Quartier. Die LEA ist für viele Geflüchtete der erste Anlaufpunkt in Baden Württemberg, bevor sie auf die Gemeinden im Land verteilt werden. Foto: Stefan Puchner
Neuankömmlinge gehen in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) zu ihrem Quartier. Die LEA ist für viele Geflüchtete der erste Anlaufpunkt in Baden Württemberg, bevor sie auf die Gemeinden im Land verteilt werden.
Foto: Stefan Puchner

Die Verteilung der Kriegsflüchtlinge funktioniert aus Sicht des Deutschen Städtetages trotz aller Beteuerungen der Verantwortlichen in Bund und Ländern noch immer nicht richtig.

Städte, die zuletzt nach dem russischen Angriff sehr viele Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen hätten, brauchten dringend Entlastung, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei nur zu erreichen »durch eine wirksame Steuerung, die Bund und Ländern immer noch nicht gelungen ist«.

»Schieflagen schnell beheben«

Es dürfe nicht sein, dass Großstädte an Verkehrsknotenpunkten eine ganz außergewöhnliche Herausforderung zu stemmen hätten, während in anderen Kommunen Kapazitäten frei seien oder geschaffen werden könnten. »Wir müssen solche Schieflagen schnell beheben, um den Flüchtlingen überall wirksam helfen zu können«, forderte Dedy. Er betonte, die Städte seien gerne bereit, geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufzunehmen.

Es sei gut, dass sich Bund und Länder mit den Kommunen bei der Bewältigung dieser Aufgabe in einer Verantwortungsgemeinschaft sähen, sagte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes. Bund und Länder hätten auch erste richtige Schritte angestoßen, um die Registrierung und Verteilung zu verbessern. Allerdings müssten alle Absichtserklärungen nun auch ganz schnell umgesetzt werden. Geflüchtete sollten an den Grenzen und in Erstaufnahmeeinrichtungen registriert werden. Da viele der Flüchtlinge biometrische Pässe hätten, so dass an ihrer Identität kein Zweifel bestehe, sollte zudem geprüft werden, ob eine aufwendige erkennungsdienstliche Behandlung wirklich in jedem Fall notwendig sei.

Stichwort Königsteiner Schlüssel

Zudem müssten bei der Verteilung der Geflüchteten nach dem Königsteiner Schlüssel auch Menschen berücksichtigt werden, die nicht mit angemeldeten Bus- und Zugreisen kämen. Auch diejenigen, die individuell in den Städten angekommen seien, müssten bei der Verteilung mitgezählt werden. Mit dem Königsteiner Schlüssel wird auf Basis von Bevölkerungszahl und Steuereinnahmen festgelegt, wie viele Schutzsuchende ein Bundesland aufnehmen muss.

Um eine Überlastung einzelner Länder zu verhindern, koordiniere der Bund die über das Bundesamt für Güterverkehr abrufbaren Züge und Busse entsprechend, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums mit. Eine Verteilung finde »nur bei Personen statt, die nicht bereits anderweitig untergekommen sind«.

Fast 220.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind 218.301 Kriegsflüchtlinge von der Bundespolizei registriert worden. Das teilt das Bundesinnenministerium mit. Die Zahl der erfassten Ankommenden stieg damit von Samstag auf Sonntag um rund 10.500.

Erfasst werden nur Geflüchtete, die von der Bundespolizei angetroffen werden, etwa an der österreichisch-bayerischen Grenze, an Bahnhöfen oder in Zügen. Im Regelfall gibt es keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen, Ukrainer dürfen zudem ohne Visum einreisen - die Zahl der tatsächlich Angekommenen ist daher wahrscheinlich deutlich höher. Nicht erfasst wird außerdem, wie viele der Geflüchteten womöglich von Deutschland aus weiterreisen zu Freunden oder Verwandten in anderen Staaten.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat am 24. Februar begonnen. Nach UN-Angaben sind seitdem mehr als drei Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen.

© dpa-infocom, dpa:220320-99-595357/5