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SPD will »neuen Sozialstaat«

Regionalkonferenzen, Debattencamps, Online-Foren: Über 10 000 Vorschläge hat die SPD für ihren Erneuerungsprozess eingesammelt. Herausgekommen ist »SPD pur«, die Union warnt: Mit uns gibt es keinen »Linksruck in der Regierung«.

Volker Bouffier
Nach Ansicht von Volker Bouffier hat sich die SPD »für einen strammen Linkskurs entschieden«. Foto: Boris Roessler
Nach Ansicht von Volker Bouffier hat sich die SPD »für einen strammen Linkskurs entschieden«. Foto: Boris Roessler

Berlin (dpa) - Die SPD will mit einer Aufweichung von Hartz IV, zwölf Euro Mindestlohn und Maßnahmen gegen Kinderarmut ihr linkes Profil wieder deutlich schärfen.

»Wir haben uns ein Jahr Zeit genommen, in die Partei hineinzuhorchen«, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil am Sonntag in Berlin zu Beginn einer zweitägigen Vorstandsklausur. Man habe tausende Vorschläge bekommen, die in die Erneuerung der Partei eingeflossen seien. Die Spitzen von CDU und CSU reagierten mit scharfer Kritik. CSU-Chef Markus Söder betonte, man werde in der großen Koalition keinen Linksschwenk akzeptieren.

Die SPD will nach dem Absturz in Umfragen auf 15 bis 17 Prozent Wähler zurückgewinnen, die sich nach den Arbeitsmarktreformen von Kanzler Gerhard Schröder abgewandt hatten. Seine rot-grüne Regierung hatte die Arbeitslosen- und Sozialhilfe 2005 zur neuen Grundsicherung (Hartz IV) zusammengelegt. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles ist aber auch intern schwer angezählt - daher setzt der Vorstand auf einen programmatischen Befreiungsschlag.

Klingbeil betonte, die SPD habe in Zeiten großer Veränderung und eines aufstrebenden Rechtspopulismus den Anspruch, »Zusammenhalt zu organisieren«. Zuversichtlich zeigte er sich, dass das Konzept von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) für eine Grundrente umgesetzt wird. Es sieht für Geringverdiener, die 35 Jahre Beiträge gezahlt haben, eine Rente oberhalb der Grundsicherung vor. Die Union kritisiert es als zu teuer und besteht dabei auf der im Koalitionsvertrag vereinbarten Bedürftigkeitsprüfung.

Klingbeil erklärte: »Dass das Profil der SPD geschärft werden muss, ist eine zentrale Erkenntnis, die wir nach der Bundestagswahl herausgearbeitet haben.« Das Konzept mit dem Titel »Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit« sieht unter anderem vor, dass Arbeitslose ab 58 Jahren bis zu 33 Monate Arbeitslosengeld I statt Hartz IV beziehen können, zudem weniger strenge Sanktionen für junge Arbeitslose. Außerdem wollen die Sozialdemokraten ein Recht auf Arbeit von zu Hause (»Homeoffice«) durchsetzen. Mit einer neuen Kindergrundsicherung sollen gerade Alleinerziehende besser unterstützt und Kinderarmut im Land reduziert werden.

Allerdings sind die meisten Pläne mit der Union in der großen Koalition nicht umsetzbar und dienen vor allem dazu, das Profil für künftige Wahlkämpfe zu schärfen. Im Mai stehen die Europawahl und die Bürgerschaftswahl in Bremen an, im Herbst Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen.

Die Union reagierte mit scharfer Kritik. »Die SPD plant die Beerdigung der sozialen Marktwirtschaft«, sagte CDU-Vizechef Volker Bouffier der Funke-Mediengruppe. »Mit ihrem Wunsch, wieder Wähler zu gewinnen, hat sie sich für einen strammen Linkskurs entschieden.«

CSU-Chef Markus Söder kritisierte, dass das Grundrenten-Modell nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt ist. »Wir verhandeln keinen neuen Koalitionsvertrag. Natürlich reden wir miteinander, aber es darf keinen ideologischen Linksruck der Regierung geben«, sagte er der »Bild am Sonntag«. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte in den Funke-Zeitungen Sozialminister Heil auf, sein Grundrenten-Modell nachzubessern.

Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer warnte vor einer »Rolle rückwärts in ein sozialpolitisches Denken des letzten Jahrhunderts, das die Wirtschaft abwürgte und eine hohe Arbeitslosigkeit zur Folge hatte«. Er forderte, zum Schutz der Unternehmen »eine Sozialabgabenbremse bei 40 Prozent gesetzlich festzuschreiben«.

SPD-Konzept Neuer Sozialstaat