Logo
Aktuell Inland

SPD soll kommissarisch von Trio geführt werden

Nach dem überraschenden Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sucht die SPD nach einer neuen Führung. Mit Vizekanzler Olaf Scholz hatte ein möglicher Kandidat bereits abgewunken.

Führung der SPD
Die SPD soll nach dem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles zunächst kommissarisch von einem Trio geführt werden. Foto: Michael Kappeler
Die SPD soll nach dem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles zunächst kommissarisch von einem Trio geführt werden. Foto: Michael Kappeler

BERLIN. Die SPD soll nach dem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles zunächst kommissarisch von einem Trio geführt werden.

Die engere Parteiführung schlug dafür dem Vorstand die Ministerpräsidentinnen von Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, sowie den hessischen SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel vor.

Nahles hatte ihren Rückzug nach nur 13 Monaten an der Parteispitze am Sonntagmorgen in einem kurzen Schreiben an die Parteimitglieder angekündigt. »Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist«, heißt es darin. Nahles wird auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich damit komplett aus der Bundespolitik zurückziehen.

Der SPD-Politiker Thomas Oppermann rechnet mit mehreren Kandidaten für die Nachfolge von Nahles an der SPD-Spitze. Er gehe aber davon aus, dass es bis zur Wahl zwei bis drei Monate dauern werde, sagte der frühere Fraktionschef am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«. Der Bundestagsvizepräsident forderte aber, so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen. »Es nutzt nichts, weitere Niederlagen abzuwarten, damit keiner beschädigt wird«, sagte er mit Blick auf die Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im September und Oktober. Die Nahles-Nachfolge an der Fraktionsspitze wird nach Einschätzung Oppermanns vor Beginn der Sommerpause im Juli geregelt.

Klar ist bereits, dass der Kölner SPD-Abgeordnete und Fraktionsvize Rolf Mützenich kommissarisch die Führung der Fraktion übernehmen soll. Die ursprünglich für Dienstag geplante Neuwahl des Fraktionsvorsitzes wird nicht stattfinden. Als wahrscheinlich gilt, dass die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer dem Parteivorstand für eine Übergangszeit als kommissarische Parteivorsitzende vorgeschlagen wird.

Als möglicher Kandidat für den Fraktionsvorsitz gilt der bisherige Vizechef Achim Post. Der SPD-Linke Matthias Miersch und Ex-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatten noch vor der Rücktrittsankündigung erklärt, nicht gegen Nahles antreten zu wollen - was nicht automatisch bedeutet, dass sie eine Kandidatur grundsätzlich ausschließen.

Die Koalitionspartner CDU und CSU hatten sich am Sonntag zum Fortbestehen der großen Koalition bekannt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte: »Wir werden die Regierungsarbeit fortsetzen mit aller Ernsthaftigkeit und vor allen Dingen auch mit großem Verantwortungsbewusstsein.« CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die nach einem historisch schlechten Ergebnis ihrer Partei bei der Europawahl selbst angeschlagen ist, sagte: »Dies ist nicht die Stunde von parteitaktischen Überlegungen. Wir stehen weiter zur großen Koalition.« Sie betonte aber auch, dass die große Koalition »kein Selbstzweck« sei. Ähnlich äußerte sich der CSU-Vorsitzende Markus Söder.

Linke und AfD fordern eine Neuwahl des Bundestags. »Die ehemals große Koalition bewegt sich im Chaos«, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch im ZDF. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner schloss einen Koalitionswechsel zu »Jamaika« mit Union und FDP ohne Neuwahlen aus. Die FDP hat sich noch nicht klar positioniert.

Die CDU-Spitze beriet nach Angaben von Teilnehmern am Sonntagabend knapp fünf Stunden intensiv, aber ohne Schuldzuweisungen über Konsequenzen aus dem Desaster bei der Europawahl - die Union war erstmals bei einer bundesweiten Wahl unter 30 Prozent gestürzt. »Das war eine ehrliche Aussprache«, sagte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, als er gegen 23.00 Uhr die Parteizentrale in Berlin verließ. An diesem Montagmorgen will der CDU-Vorstand weiter beraten. Kramp-Karrenbauer will die Ergebnisse gegen 12.30 Uhr der Öffentlichkeit vorstellen.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans sagte im ZDF nach der Sitzung, die Union müsse moderner werden. Dazu gehöre auch, dass man wahrnehme, dass im Internet Debatten abliefen, sagte er vor dem Hintergrund der Probleme, die Kramp-Karrenbauer und das Adenauerhaus bei der Reaktion auf das Anti-CDU-Video des Youtubers Rezo gehabt hatten. Rezo hatte vor allem kritisiert, dass die CDU keine Antwort auf die Klimakrise hat.

Die zertrümmerte Karriere der einstigen Trümmerfrau der SPD