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SPD-Mitglieder stimmen für Koalition mit CDU

Die Berliner SPD stimmt für ein Regierungsbündnis mit der CDU. Trotz deutlicher Kritik von Teilen der Partei ist eine Mehrheit am Schluss dafür. In Berlin steht damit ein Regierungswechsel an.

Mitgliederabstimmung
Kai Wegner, CDU-Landesvorsitzender von Berlin und Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus, und Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin Berlins. Foto: Carsten Koall
Kai Wegner, CDU-Landesvorsitzender von Berlin und Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus, und Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin Berlins.
Foto: Carsten Koall

Mehr als zwei Monate nach der Wiederholungswahl steht Berlin vor einer Koalition von CDU und SPD. Nach langen und kontroversen Debatten in der SPD ergab eine Mitgliederabstimmung eine knappe Mehrheit für den zuvor ausgehandelten Koalitionsvertrag. Nach Angaben der SPD-Landesvorsitzenden Franziska Giffey vom Sonntagabend stimmten 54,3 Prozent dafür.

Gibt es beim CDU-Parteitag am Montag ebenfalls eine Mehrheit, ist der Weg frei für eine schwarz-rote Landesregierung. Der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner könnte dann schon am Donnerstag zum ersten Regierenden Bürgermeister seiner Partei seit 22 Jahren gewählt werden.

Am Montagabend will die SPD ihre künftigen Senatoren vorstellen. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen der Parteispitze erfuhr, soll Giffey voraussichtlich Wirtschaft übernehmen, Iris Spranger bleibt Innensenatorin, die Staatssekretärin im Bundesbauministerium, Cansel Kiziltepe, übernimmt das Ressort Arbeit und Soziales, Senator für Stadtentwicklung und Bauen wird der bisherige Staatssekretär Christian Gaebler und für Gesundheit und Wissenschaft soll die Vize-Landesvorsitzende der SPD, Ina Czyborra, zuständig sein.

Die SPD-Parteimitglieder hatten seit Anfang April die Möglichkeit, per Brief über das schwarz-rote Bündnis abzustimmen. 11.886 der 18.566 stimmberechtigten Mitglieder gaben ihr Votum ab. Davon waren 11.379 Stimmen gültig. Mit Ja stimmten 6179 und mit Nein 5200 SPD-Mitglieder.

Die Regierende Bürgermeisterin Giffey zeigte sich überaus erleichtert. »Wir haben ein klares Ergebnis. Eine klare Mehrheit für den Vorschlag des SPD-Landesvorstandes«, sagte Giffey. »Das bedeutet, dass wir mit einem deutlichen Abstand ein Mitglieder-Votum entschieden haben für den Weg, in eine Koalition mit der CDU einzutreten.« Sie fügte hinzu: »Ich bin schon sehr erleichtert heute, ich bin erleichtert für die SPD und für unsere Stadt.« Sie sei »sehr, sehr froh« über das Ergebnis.

Reaktionen auf das Ergebnis:

Giffey betonte: »Das ist eine politische Richtungsentscheidung, die weit über das hinausgeht, was die nächsten drei Jahre betrifft. Es geht darum, wie wir uns für die Zukunft im nächsten Jahrzehnt aufstellen.« Die SPD-Führung müsse jetzt aber auch die Bedenken gegen die Koalition ernst nehmen, die Gegner mitnehmen und sehen, »dass wir unterschiedliche Positionen gut zusammenführen«.

Der Co-Landesvorsitzende Raed Saleh sagte, es gehe immerhin um einen Unterschied von tausend Stimmen, das sei auch nicht ganz wenig. Nun müsse man nach vorne blicken. »Wir müssen die Leute mitnehmen und überzeugen. Und wie machste das? Durch gute Arbeit.«

In der Berliner SPD gab es gegen die Zusammenarbeit mit der CDU viele Vorbehalte, auch weil die Möglichkeit bestanden hätte, das bisherige Dreierbündnis mit Grünen und Linken fortzusetzen. Die drei Parteien erhielten bei der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl im Februar zusammen erneut eine Mehrheit. Allerdings lag die CDU mit rund zehn Prozentpunkten Vorsprung vor SPD und Grünen.

Der Grünen-Fraktionschef Werner Graf teilte mit: »Eine breite Unterstützung sieht anders aus. Die Führung der SPD hat es mit Ach und Krach geschafft, ihren Rechts-Schwenk durchzusetzen. Das ist ein schwacher Start für die neue Regierung.«

Die Linken kritisierten: »Heute ist kein guter Tag für unsere Stadt. Berlin hat Besseres als eine schwarz-rote Ankündigungskoalition verdient, die keine wirklichen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit hat und mit der ein soziales wie gesellschaftliches Rollback droht.«

© dpa-infocom, dpa:230423-99-415332/9