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So verlief die Kriegsnacht in Kiew und der Ukraine

Die Ukraine leistet weiter erbitterten Widerstand gegen den Aggressor Russland. Das amerikanische Verteidigungsministerium zeigt sich beeindruckt - bleibt aber realistisch.

Raketenangriff
Auf diesem vom Pressedienst der ukrainischen Polizei veröffentlichten Foto löschen Feuerwehrleute die Schäden an einem Gebäude nach einem Raketenangriff auf Kiew. Foto: Uncredited
Auf diesem vom Pressedienst der ukrainischen Polizei veröffentlichten Foto löschen Feuerwehrleute die Schäden an einem Gebäude nach einem Raketenangriff auf Kiew.
Foto: Uncredited

Russlands Invasionstruppen in der Ukraine haben sich auch in der Nacht zum Montag schwere Gefechte mit den Verteidigern geliefert. Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums wird der Vormarsch der Russen von heftiger Gegenwehr gebremst.

Im benachbarten Belarus sollen in der Grenzregion Gomel Friedensgespräche beginnen. Doch es gibt Zweifel, ob diese etwas bewirken. Zumal sich Belarus als Partner Russlands womöglich selbst in die Kämpfe in der Ukraine einschaltet. So verlief die Kriegsnacht.

Kämpfe um Kiew

Im Norden der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat die russische Armee nach Angaben des ukrainischen Militärs versucht, eine Pontonbrücke zu bauen, um den Fluss Irpin zu überqueren. Ein weiterer Versuch, die Stadt Irpin kurz vor Kiew zu erobern, sei erfolglos gewesen.

Insgesamt sei die Nacht zu Montag verhältnismäßig ruhig verlaufen, teilt die Kiewer Stadtverwaltung mit, abgesehen von einigen Gefechten und Kämpfen mit Sabotage- und Aufklärungsgruppen. Die Stadt sei hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, sich weiter auf ihre Verteidigung vorzubereiten. Sollten die Menschen also das Haus verlassen, sähen sie neue Befestigungen, Panzerfallen und andere Verteidigungsstrukturen.

Die Stadtverwaltung ruft die Menschen via Telegram dazu auf, nur bei dringender Notwendigkeit ihre Häuser zu verlassen. Straßenkämpfe fänden weiterhin in praktisch allen Bezirken der Stadt statt. Die Menschen sollten ihr Zuhause nur verlassen, wenn sie etwa Lebensmittel oder Medikamente besorgen müssten.

Geschäfte und öffentlicher Verkehr öffneten am Morgen, allerdings verkehrten die U-Bahn-Züge seltener als gewöhnlich. Es gelte weiter eine Ausgangssperre von 22.00 bis 7.00 Uhr. Die Behörde rief zudem auf, sich um Nachbarn zu kümmern, vor allem Ältere oder jene, deren Verwandte das Land verteidigten. Gebeten wurde außerdem darum, ein Auge auf Wohnungen zu halten, deren Bewohner die Stadt verlassen hätten, um Plünderungen zu vermeiden.

Auch andere Städte unter Beschuss

Von der Krim aus sollen viele russische Bomber und Jagdflugzeuge Richtung Ukraine gestartet sein. Neben Kiew sollen auch die Städte Mykolajiw und Cherson im Süden sowie Charkiw im Osten zu den Zielen gehören, wie die ukrainische Agentur Unian meldete.

Eine Rakete soll ein Wohnhaus der ukrainischen Großstadt Tschernihiw unweit der Grenze zu Belarus getroffen haben. Dadurch sei ein Feuer ausgebrochen, wie der staatliche Informationsdienst der Ukraine am Morgen auf Telegram schrieb. Die Informationen lassen sich nicht unabhängig prüfen.

Moskau: Russische Truppen nehmen Kernkraftwerk ein

Russische Truppen haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über das ukrainische Kernkraftwerk in Saporischschja im Süden des Landes übernommen. Es ist das größte Atomkraftwerk Europas. Das Personal kontrolliere und warte die Anlage weiter, teilte Igor Konaschenkow, Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, mit.

Das staatliche ukrainische Unternehmen Energoatom dementierte die Darstellung. Es handele sich um eine Falschnachricht: »Derzeit stehen alle vier Kernkraftwerke unter der Kontrolle der Ukraine und arbeiten normal. Energoatom ergreift alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Atomkraftwerke.«

Laut russischen Angaben gibt es keine erhöhte Strahlung rund um das Akw. Zuvor hatte das russische Militär schon die Sperrzone um den Unfallreaktor Tschernobyl nördlich von Kiew erobert. Dabei wurde radioaktiv belastete Erde aufgewirbelt, was zu leicht erhöhten Strahlenmesswerten führte.

Separatisten in Ostukraine setzen Mobilmachung aus

Die Separatisten in der ostukrainischen Region Donezk haben nach eigenen Angaben die Mobilmachung inzwischen ausgesetzt. Die erforderliche Zahl der Gebiete sei inzwischen besetzt worden, sagte der Chef der selbst ernannten Volksrepublik, Denis Puschilin, im russischen Staatsfernsehen. Das habe man mit dem Aufruf zum Kampf erreichen wollen.

Die Aufständischen in den Gebieten Luhansk und Donezk haben bei den Kämpfen in den vergangenen Tagen mit Unterstützung russischer Streitkräfte von den ukrainischen Streitkräften kontrollierte Gebiete erobert. Laut Puschilin wolle man sich nun auf die »humanitäre Komponente« konzentrieren

USA loben erbitterten Widerstand

Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums wird der Vormarsch der Russen von heftiger Gegenwehr der Ukrainer gebremst. »Die Ukrainer leisten erbitterten Widerstand«, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des Ministeriums in einem Briefing für Journalisten.

»Das ist heldenhaft, das ist inspirierend, und das ist für die Welt sehr deutlich zu sehen.« Man beobachte zudem »Treibstoff- und Logistikengpässe« der russischen Truppen, hieß es.

Verluste

Die Verluste der russischen Armee steigen nach ukrainischen Angaben weiter. Seit Beginn des Krieges mit der Ukraine soll die russische Seite einen »Verlust« von etwa 4500 Soldaten zu verzeichnen haben, erklärte der ukrainische Generalstab. Außerdem seien Hubschrauber, Panzer und weitere Fahrzeuge zerstört worden.

Die Angaben ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen. Russland räumte eigene Opfer beim Krieg gegen die Ukraine ein, ohne jedoch Zahlen zu nennen.

Belarus vor möglichem Kriegseintritt

Am Morgen sollen an der belarussisch-ukrainischen Grenze Gespräche zwischen der Ukraine und Russland über eine mögliche Friedenslösung beginnen. Zugleich aber wird darüber spekuliert, dass Russlands Partnerland praktisch zeitgleich mit eigenen Soldaten in den Krieg gegen die Ukraine zieht.

© dpa-infocom, dpa:220228-99-316189/11