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Schröder verzichtet auf Nominierung für Gazprom-Aufsichtsrat

Der staatliche russische Energiekonzern Gazprom wollte Gerhard Schröder in den Aufsichtsrat holen. Doch der angesichts des Kriegs in der Ukraine stark in der Kritik stehende Altkanzler verzichtet.

Gerhard Schröder
Altkanzler Gerhard Schröder steht wegen seiner Kontakte zur russischen Führung und Posten bei russischen Staatsunternehmen in der Kritik. Foto: Kay Nietfeld
Altkanzler Gerhard Schröder steht wegen seiner Kontakte zur russischen Führung und Posten bei russischen Staatsunternehmen in der Kritik.
Foto: Kay Nietfeld

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat nach eigenen Angaben keine Absichten, einen Aufsichtsratsposten beim russischen Energieriesen Gazprom zu übernehmen.

Auf die Nominierung habe er schon vor längerer Zeit verzichtet und dies dem Unternehmen auch mitgeteilt, schrieb Schröder am Dienstagabend auf dem Online-Portal »Linkedin«. Die Authentizität des Beitrags wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Schröders Umfeld bestätigt.

Gazprom hatte Schröder Anfang Februar - kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine - für einen Posten in dem Gremium nominiert. Der ehemalige SPD-Chef hatte in einem Interview, das die »New York Times« im April veröffentlichte, offengelassen, ob er die Nominierung annehmen wird. Wegen seiner Verbindungen nach Russland stand Schröder in den vergangenen Wochen und Monaten massiv in der Kritik.

Der Altkanzler hatte über die Jahre verschiedene Posten für die russische Energiewirtschaft übernommen: einen Sitz im Aufsichtsrat des Energiekonzerns Rosneft sowie Tätigkeiten für die Gazprom-Tochtergesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2. Am Freitag hatte Rosneft bekanntgemacht, dass Schröder den Aufsichtsratsposten niederlegt - der Ex-Kanzler habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, seine Amtszeit zu verlängern.

Kritik an Schröder hielt zuletzt an

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Schröder nach dieser Entscheidung aufgefordert, weitere Tätigkeiten für Unternehmen aus Russland einzustellen. Der Bundestag hatte ihm zuvor als Reaktion auf seine auch während des Kriegs gegen die Ukraine fortdauernde Tätigkeit für russische Unternehmen sein Büro und seine Mitarbeiter gestrichen. Das Europaparlament hatte zudem EU Sanktionen gegen Schröder gefordert - was Kanzler Scholz allerdings ablehnte. Zugleich laufen in der SPD auch noch Verfahren, um ihn aus der Partei auszuschließen.

Schröders Parteifreund, der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), hatte noch kurz vor Bekanntwerden von Schröders Verzicht auf das Gazprom-Engagement dem »Handelsblatt« gesagt: »Das Festhalten an den bisherigen Mandaten war Starrsinn, die Annahme eines neuen Mandats im Aufsichtsrat eines russischen Energieunternehmens wäre eine Provokation.«

Schröder ist seit seiner Zeit als Kanzler (1998 bis 2005) eng mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundet. Im März war er auch nach Moskau gereist, um mit Putin zu sprechen. In dem bisher einzigen Interview nach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine in der »New York Times« hatte Schröder deutlich gemacht, dass er weiter bereit ist, den guten Draht zur Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine zu nutzen. »Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir«, sagte der frühere SPD-Chef.

© dpa-infocom, dpa:220524-99-418564/5