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Schotten planen neues Unabhängigkeitsreferendum

Die proeuropäische Schottische Nationalpartei will nach dem Wahlsieg von Premier Johnsons erneut über eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich abstimmen lassen. Die Schotten müssten die Regierung bekommen, für die sie votiert haben, so Ministerpräsidentin Sturgeon.

Nicola Sturgeon
Nicola Sturgeon, Erste Ministerin Schottlands und SNP-Vorsitzende, Ende November in Glasgow. Foto: Jane Barlow/PA Wire/dpa
Nicola Sturgeon, Erste Ministerin Schottlands und SNP-Vorsitzende, Ende November in Glasgow. Foto: Jane Barlow/PA Wire/dpa

Edinburgh (dpa) - Die proeuropäische Schottische Nationalpartei (SNP) will ihren Wahlerfolg in Schottland für ein neues Unabhängigkeitsreferendum nutzen.

Sie wolle bereits nächste Woche den parlamentarischen Prozess anschieben, der für ein rechtlich bindendes Referendum nötig ist, sagte Schottlands Ministerpräsidentin, die SNP-Politikerin Nicola Sturgeon.

Die SNP erreichte in Schottland 45 Prozent der Stimmen, 8,1 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2017. Damit gewann sie 48 der 59 Mandate, 13 mehr als vor zwei Jahren. Dass eine Partei mit 45 Prozent der Stimmen einen so großen Anteil der Sitze gewinnt, liegt am britischen Wahlsystem. In jedem Wahlkreis gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen. Alle anderen Stimmen zählen nicht.

Große Verlierer in Schottland waren die Labour-Partei, die nur einen ihrer sieben Sitze verteidigen konnte und - anders als im Rest Großbritanniens - die Konservativen von Premierminister Boris Johnson. Sie verloren mehr als die Hälfte ihrer Mandate und schicken aus Schottland nur noch sechs Parlamentarier nach Westminster.

Die Schotten hätten das Recht, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, sagte Sturgeon. »Es ist die Sache des schottischen Parlaments, nicht einer Regierung in Westminster, zu sagen, ob und wann es ein neues Referendum geben sollte«, sagte sie. »Es geht nicht darum, Boris Johnson um Erlaubnis zu fragen«, fügte Sturgeon hinzu. Es gehe vielmehr darum, dass das schottische Volk seine eigene Zukunft bestimmen können sollte.

»Sie, als Führer einer in Schottland geschlagenen Partei, haben nicht das Recht, sich in den Weg zu stellen«, rief sie Johnson zu. »Als ein unabhängiges Schottland, werden wir immer die Regierungen bekommen, die wir wählen«, betonte sie. Es ist der SNP seit langem ein Dorn im Auge, dass die Partei in Schottland zwar regelmäßig die Mehrheit der Mandate gewinnt, sich dies aber auf die Westminster-Politik kaum auswirkt.

Die SPD-Europapolitikerin Katarina Barley äußerte sich besorgt über solche Abspaltungstendenzen. »Mir macht große Sorgen, dass ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreiches bevorstehen könnte«, sagte die Vizepräsidentin des Europaparlaments im »rbb«-Inforadio. Nicht nur in Schottland, sondern auch in Nordirland und in Wales würden Unabhängigkeitsbestrebungen immer stärker.

Auf Betreiben der SNP gab es bereits 2014 ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich (England, Wales, Schottland und Nordirland). Die Schotten hatten damals eine Abspaltung aber mehrheitlich abgelehnt. Premierminister Johnson sieht ein zweites Referendum skeptisch.

In der britischen Provinz Nordirland sind erstmals mehr Nationalisten als Unionisten in das Parlament in London gewählt worden - wenngleich die katholische Sinn-Fein-Partei ihre Westminster-Sitze traditionell aus Protest gegen London nicht besetzt. Nationalisten wie Sinn Fein und die SDLP sind für eine Vereinigung mit dem EU-Staat Irland, Unionisten wie die DUP für einen Verbleib im Vereinigten Königreich. Die DUP büßte zwar Stimmen ein, blieb aber stärkste Partei. Stark zulegen konnte die Alliance Partei in Nordirland, die den Graben zwischen den überwiegend katholischen Nationalisten und den protestantischen Unionisten überwinden will.

Auch in Wales gibt es eine Regionalpartei, Plaid Cymru. Anders als die SNP in Schottland liegt sie aber in der Wählergunst weit zurück. Sie hält weiter wie bisher nur zehn Prozent der walisischen Sitze.