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Scholz und Bennett vereinbaren neuen strategischen Dialog

Scholz' erster Besuch als Kanzler in Israel war vom Krieg in der Ukraine überschattet. Aber beide Seiten betonen vor allem die guten Beziehungen.

Bundeskanzler Olaf Scholz in Israel
Bundeskanzler Olaf Scholz und der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett beim Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem. Foto: Michael Kappeler
Bundeskanzler Olaf Scholz und der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett beim Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem.
Foto: Michael Kappeler

Deutschland und Israel wollen ihre Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich deutlich vertiefen.

Bundeskanzler Olaf Scholz vereinbarte dazu am Mittwoch bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem mit dem israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett einen neuen strategischen Dialog, der zwei Mal im Jahr stattfinden soll. »Die neue Brücke, die wir bilden, ist eine gute Nachricht für die Welt«, sagte Bennett. »Wir können mehr Stabilität, mehr Hoffnung, mehr Positivität in unsere Regionen und darüber hinaus bringen.« Scholz sprach von einer »ganz wichtigen Weiterentwicklung unserer Beziehungen«.

Der Besuch war sonst weitgehend vom Krieg in der Ukraine bestimmt. Scholz schloss dabei einen militärischen Eingriff der Nato aus. »Das wäre in dieser Situation falsch«, sagte der Kanzler. »Was wir tun ist zu unterstützen.« Konkret nannte er Finanzhilfen und Hilfsgüter. Die Sanktionen hätten bereits Wirkung erzielt. Das zeige, dass die Haltung zwischen Konsequenz und der gebotenen Vorsicht richtig sei. Scholz will sich dafür einsetzen, dass die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine bald fortgesetzt werden.

Bennett lobte Deutschland als »einen Anker der Führung und Verantwortung in Europa«. Er reagierte damit auf die Frage, wie die Kehrtwende in der deutschen Verteidigungspolitik in Israel wahrgenommen werde. Das Thema sei »angesichts der Geschichte offensichtlich sensibel«, sagte Bennett zu der Ankündigung von Scholz über Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr.

Bennett sagte weiter, Israel nehme im Nahen Osten ebenfalls eine stabilisierende Rolle ein. »Ich denke, die neue Brücke, die wir bilden, ist eine gute Nachricht für die Welt. Wir können mehr Stabilität, mehr Hoffnung, mehr Positivität in unsere Regionen und darüber hinaus bringen.«

Bennett und Scholz hatten zuvor gemeinsam die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht. Es sei ein Ort, »der uns an die Wunde erinnert, die die Basis unserer Beziehungen ist«, sagte Bennett. Heute sei das Verhältnis beider Länder »stärker als je zuvor«. Gemeinsam werde man die Beziehungen noch vertiefen. Er freue sich, dass Scholz Israel als eine seiner ersten Auslandsstationen als Kanzler gewählt habe.

Die Planungen für die Reise hatten schon lange vor Beginn der russischen Invasion in die Ukraine begonnen. Israel zählt immer zu den Ländern, die neue Kanzler und Außenminister sehr früh besuchen. Vor dem Hintergrund der Ermordung von sechs Millionen Juden in ganz Europa durch die Nazis haben beide Länder besondere Beziehungen entwickelt. Deutschland sieht sich in besonderer Verantwortung für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels. Deutschland und Israel wollen demnach auch die Gründung eines deutsch-israelischen Jugendwerks voranbringen.

Mit Blick auf den Holocaust sagte Scholz: »Aus dieser Geschichte erwächst eine ganz besondere Verantwortung. Eine Verantwortung gegenüber dem Staat Israel, eine Verantwortung, immer stark anzutreten gegen Antisemitismus weltweit. Und natürlich erwächst aus unserer Geschichte auch eine Verantwortung, für eine Friedensordnung in Europa zu werben, die Kriege ausschließt.«

Bennett sagte, er habe mit Scholz ein »tiefes Gespräch« über die Lage in der Ukraine geführt. »Es ist unsere Pflicht, alles zu unternehmen, um das Blutvergießen zu beenden.« Er rief zu einer sofortigen Waffenruhe auf. Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine seien weiter ein Ziel. »Es ist noch nicht zu spät.« Auf der Basis der israelischen Kriegserfahrungen müsse er aber zu der Lage in der Ukraine sagen: »Es kann leider noch viel schlimmer kommen.«

Israel hat sich bisher nicht konkret zu Medienberichten geäußert, wonach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Bennett gebeten haben soll, in Israel Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auszurichten. Nach einem Gespräch zwischen Bennett und Putin am Sonntag berichtete der Kreml, Bennett habe angeboten, in dem Konflikt zu vermitteln. Israel soll nach Medienberichten zudem einen Wunsch Kiews nach Waffenlieferungen abgelehnt haben.

© dpa-infocom, dpa:220302-99-349113/6