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Söder warnt vor Paradigmenwechsel im Kampf gegen Corona

In mehreren Bundesländern sind weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen beschlossen worden. Doch vor allem mit Blick auf den Kurs in Thüringen warnt Bayerns Ministerpräsident: »Corona bleibt tödlich.«

Kabinettssitzung in München
Markus Söder zu Beginn der Kabinettssitzung an seinem Platz in der Bayerischen Staatskanzlei. Foto: Peter Kneffel/dpa-Pool/dpa
Markus Söder zu Beginn der Kabinettssitzung an seinem Platz in der Bayerischen Staatskanzlei. Foto: Peter Kneffel/dpa-Pool/dpa

MÜNCHEN. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vor einem Paradigmenwechsel im Kampf gegen das Coronavirus gewarnt. »Wer glaubt, Corona verschwindet langsam, ist im besten Falle naiv«, sagte Söder am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München: »Corona bleibt tödlich.«

Zum einen sprach sich Söder strikt gegen Lockerungen wie ein Aufheben der Maskenpflicht aus. Ein solches Vorgehen, wie es in Thüringen angedacht gewesen sei, wäre für Deutschland ein absoluter Rückschritt und gefährlich gewesen, sagte er. Das Abstandsgebot und die Maskenpflicht seien »die Basis und das Fundament eines jeden Schutzkonzepts«. Man müsse nicht nur die Vernünftigen vor den Unvernünftigen schützen, sondern auch die Unvernünftigen vor sich selbst.

Zum anderen sagte Söder, er sei skeptisch, was große Urlaubsreisen angehe. In Italien und Frankreich gebe es noch ganz andere Infektionszahlen. Das müsse auf Bundesebene gut überlegt werden. Und das könne auch keine Einzelentscheidung eines Ministers sein, sondern das sei eine Grundsatzfrage der Koalition, betonte der CSU-Chef.

THÜRINGEN

Dagegen will Thüringen im Juni weitere Corona-Beschränkungen aufheben. Das Land wolle schrittweise aus dem »Krisenmodus in den Regelmodus übergehen«, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in Erfurt. Er wolle aus den »Allgemeinverordnungen raus«. Staatliche Eingriffe in die Privatsphäre der Menschen in ihrer Wohnung lehne er ab - offensichtlich bezog sich Ramelow dabei auf die derzeit bundesweit diskutierten veränderten Kontaktbeschränkungen, die im öffentlichen und privaten Raum gelten sollen.

Auch in Thüringen solle weiterhin dort ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, wo sich Menschen zu nahe kämen wie im öffentlichen Nahverkehr, machte Ramelow klar. Auch der Mindestabstand von 1,5 Metern solle weiter eingehalten werden. Die Schritte zu Lockerungen würden in der kommenden Woche beraten. Entscheidungen seien im Kabinett noch nicht getroffen worden. Ramelow hatte dort seine umstrittene Strategie vorgestellt - und für sein Agieren nach eigenen Angaben auch Kritik geerntet.

Der Linke-Politiker hatte sich in den vergangenen Tagen für eine neue Strategie ausgesprochen, wonach es keine vom Land verordneten Corona-Beschränkungen mehr geben sollte. Dieses Vorpreschen war bundesweit auf viel Kritik, aber auch Zustimmung gestoßen.

SACHSEN

Auch Sachsen will die Einschränkungen in der Corona-Krise ab 6. Juni weiter lockern. Das teilten Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) nach einer Kabinettssitzung in Dresden mit. Maßnahmen wie Abstandsgebot und Maskenpflicht bleiben aber. Endgültig will das Kabinett in der kommenden Woche darüber befinden. Zuvor soll es eine Anhörung geben.

Köpping hatte bereits im Vorfeld einen Wechsel im Umgang mit Corona-Einschränkungen angekündigt. Anstelle von Verboten soll es künftig Gebote geben. So plant Sachsen Erleichterungen für den Besuch von Alten- und Pflegeheimen: »Wir wollen mit der neuen Verordnung eine Ermöglichungshaltung schaffen«, sagte Köpping. Familienfeiern sollen wieder in einem größerem Rahmen möglich sein - im Gespräch sind hier 50 Leute. Es gehe darum, wie viele Menschen die Gesundheitsämter im Bedarfsfall nachverfolgen können. Ob es weitere Erleichterungen bei Kontakten gibt, ist noch Gegenstand der Debatte. Busreisen sollen wieder möglich sein.

Man wisse jetzt viel über die Krankheit und Übertragungswege, rechtfertigte Kretschmer die weiteren Lockerungen. Es gebe ein niedriges Infektionsrisiko im Freistaat, in neun Landkreisen von Montag auf Dienstag keine neuen Infektionen mehr. Deshalb sei es richtig, den »Staat weiter zurückzunehmen« und die Eigenverantwortung der Menschen zu stärken. Aber: Der Mundschutz werde weiter für den öffentlichen Nahverkehr oder den Einzelhandel gelten.

BADEN-WÜRTTEMBERG

In Baden-Württemberg sind ab dem 1. Juni wieder öffentliche Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen für weniger als 100 Menschen erlaubt. Voraussetzung dafür ist, dass die Hygiene- und Abstandsvorgaben wegen des Coronavirus eingehalten werden. Das habe das grün-schwarze Kabinett beschlossen, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart. Von der Lockerung profitierten vor allem Kinos und Theater.

Zudem werden auch die Corona-Vorgaben für private Feiern wie Hochzeiten und Geburtstagsfeiern gelockert. In geschlossenen Räumen dürfen daran ab dem 1. Juni bis zu zehn Menschen teilnehmen. Im Freien sind dazu maximal 20 Menschen erlaubt. Kneipen, Bars, Jugendhäuser und öffentliche Bolzplätze dürfen nach Kretschmanns Worten ab dem 2. Juni wieder öffnen. Großveranstaltungen mit mehr als 500 Menschen blieben aber auf jeden Fall bis zum 31. August verboten.

Eine Arbeitsgruppe der Landesregierung hatte auch weitere Öffnungen ab dem 1. Juli und 1. August vorgeschlagen. Über diese weiteren Schritte gibt es aber laut Kretschmann noch keine Einigkeit. Noch in dieser Woche solle aber eine gemeinsame Linie gefunden werden.

HAMBURG

Auch der Hamburger Senat hat weitere Lockerungen beschlossen. Die Regelungen betreffen vor allem die Bereiche Sport, Freibäder, Freizeit, Kultur und Seniorenarbeit. Voraussetzungen für alle Maßnahmen sind Hygienekonzepte, die von den jeweiligen Betreibern vorgelegt werden müssen, sowie das Einhalten der Abstandsregel von mindestens 1,5 Metern und die Datenerfassung der Besucher für eine mögliche Kontaktnachverfolgung im Falle eines Infektionsgeschehens. »Unsere Strategie bleibt bestehen, dass wir sehr vorsichtig sind«, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag in Hamburg nach der Senatssitzung. Im Moment sei das Infektionsgeschehen sehr niedrig. »Wir wollen diese erfolgreiche Linie fortsetzen.«

Kindertagesstätten werden weiter geöffnet. Etwa auch für das soziale Miteinander wichtige Einrichtungen wie die Seniorentreffs in den Bezirken dürfen ihre Türen wieder öffnen. Weitere Lockerungen gibt es auch für Obdachlose. Tageseinrichtungen und Treffs dürfen wieder tagsüber öffnen. Auch Angeboten der Jugendhilfe dürfen wieder öffnen.

Kinos dürfen von Mittwoch an wieder öffnen. Großveranstaltungen sind bis Ende August untersagt, doch schon bald dürfen Live-Kulturveranstaltungen unter freiem Himmel mit bis zu 50 Personen wieder stattfinden. Von Mittwoch an darf unter besonderen Bedingungen und Hygienevorschriften in Fitness- und Sportstudios sowie Yogastudios wieder trainiert werden. Hier ist etwa ein Abstand von 2,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten. Am 2. Juni dürfen die Freibäder wieder öffnen.