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Russland-Spionage beim BND: Mutmaßlicher Kurier verhaftet

Mitten im russischen Krieg gegen die Ukraine soll ein Mitarbeiter des deutschen Auslandsgeheimdienstes für Moskau spioniert haben. Nun weitet sich der Fall aus.

BND
Eingang der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Berlin. Foto: Christophe Gateau
Eingang der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Berlin.
Foto: Christophe Gateau

Es geht um Landesverrat und Staatsgeheimnisse: In der Affäre um Russland-Spionage durch einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) sitzt nun auch ein mutmaßlicher Mittäter in Untersuchungshaft. Der Mann soll von dem BND-Mitarbeiter ausspionierte geheime Informationen nach Russland gebracht und dort einem Geheimdienst übergeben haben, teilte der Generalbundesanwalt am Donnerstag in Karlsruhe mit. Eine Sprecherin der Behörde äußerte sich nicht dazu, um wie viel und welches Material es geht oder wie oft der Mann nach Russland gereist ist.

Der beschuldigte Arthur E. ist den Angaben nach der Mittäterschaft am Landesverrat dringend verdächtig. Er sei deutscher Staatsangehöriger und kein Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes BND selbst. Beamte des Bundeskriminalamtes hätten ihn am Sonntag bei seiner Einreise aus den USA am Flughafen München festgenommen.

Der BND-Mitarbeiter Carsten L. wiederum war am 21. Dezember in Berlin wegen des Verdachts des Landesverrats festgenommen worden. Er soll nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr Informationen, die er im Zuge seiner Arbeit erlangt hat, an Russland übermittelt haben. Bei den ausspionierten Informationen handele es sich um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuchs, hatte die Bundesanwaltschaft damals mitgeteilt. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem wichtigen Schlag gegen die russische Spionage, falls sich der Verdacht bestätige.

BND und FBI unterstützten die Ermittlungen

Die Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Kurier des ausspionierten Materials seien in enger Zusammenarbeit mit dem BND und mit Unterstützung der US-Bundespolizei FBI geführt worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Am Montag habe ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet.

Landesverrat kann nach dem Strafgesetzbuch in besonders schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bis hin zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden. Das gilt der Definition zufolge beispielsweise dann, wenn der Täter eine verantwortliche Stellung missbraucht hat, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet.

Mittäterschaft bedeutet, dass jeder als Täter bestraft wird, wenn mehrere Menschen eine Straftat gemeinschaftlich begehen.

Große Sorge in der Politik

Nachdem der Fall Carsten L. kurz vor Weihnachten aufgeflogen war, gerieten deutsche Politiker in große Sorge. Unter anderem ging es in der Debatte um die Rolle von Spionage als zentrale Waffe in Russlands militärischer Strategie und die Stabilität der Bundesrepublik.

BND-Präsident Bruno Kahl hatte im Dezember mitgeteilt, nachdem man im Rahmen der nachrichtendienstlichen Arbeit von einem möglichen Verdachtsfall in den eigenen Reihen Kenntnis bekommen habe, seien sofort umfangreiche interne Ermittlungen eingeleitet worden. Als diese den Verdacht erhärtet hätten, sei umgehend der Generalbundesanwalt eingeschaltet worden.

Der BND arbeite eng und vertrauensvoll mit den Ermittlungsbehörden zusammen, um den Fall gründlich aufzuklären, hatte Kahl erklärt. Zugleich betonte er, Zurückhaltung und Diskretion seien in dem Fall sehr wichtig. Mit Russland habe man es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, »mit dessen Skrupellosigkeit und Gewaltbereitschaft wir zu rechnen haben«, ergänzte der BND-Präsident. Jedes Detail des Vorgangs, das an die Öffentlichkeit gelange, bedeute einen Vorteil dieses Gegners in der Absicht, Deutschland zu schaden.

Der BND ist der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands. Er informiert die Bundesregierung über Entwicklungen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung. Rund 6500 Menschen arbeiten dort.

Beim BND selbst war zuletzt 2014 ein sogenannter Maulwurf - ein Doppelagent - aufgeflogen. Das Münchner Oberlandesgericht hatte den Mann zwei Jahre später wegen jahrelanger Spionage vor allem für den US-Geheimdienst CIA zu acht Jahren Haft verurteilt. Der damals 32-Jährige wurde des Landesverrats und der Verletzung von Dienstgeheimnissen schuldig gesprochen. Der gelernte Bürokaufmann hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime oder brisante Dokumente des BND an die CIA weitergegeben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert.

© dpa-infocom, dpa:230126-99-362837/6