Logo
Aktuell Inland

Ost-Beauftragter muss nach Lob für Thüringer Wahl gehen

Es ist bereits der dritte angekündigte Rücktritt in der Thüringen-Krise: Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung nimmt seinen Hut - auf Druck der Kanzlerin. Grund ist ein umstrittener Tweet.

Ost-Beauftragter Hirte
Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, tritt wegen eines umstrittenen Tweets zurück. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, tritt wegen eines umstrittenen Tweets zurück. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Berlin (dpa) - Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, tritt nach einem heftig kritisierten Lob für die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen zurück.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihm im Gespräch mitgeteilt, dass er nicht länger Beauftragter für die Neuen Länder sein könne, teilte der Christdemokrat in einer Twitter-Nachricht mit. »Ihrer Anregung folgend, habe ich daher um meine Entlassung gebeten«. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte zudem mit, die Kanzlerin habe dem Bundespräsidenten Hirtes Entlassung als Wirtschaftsstaatssekretär vorgeschlagen.

Auslöser ist eine Nachricht des 43-Jährigen auf Twitter. Hirte, der aus Thüringen stammt und dort stellvertretender CDU-Chef ist, hatte ausdrücklich zur Wahl des Thüringer FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich gratuliert, der mit AfD-Stimmen gewählt worden war: »Deine Wahl als Kandidat der Mitte zeigt noch einmal, dass die Thüringer Rot-Rot-Grün abgewählt haben. Viel Erfolg für diese schwierige Aufgabe zum Wohle des Freistaats.«

Der Glückwunsch-Tweet vom Tag der Wahl am Mittwoch war am Samstag weiterhin zu sehen. Auch Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) hatte Kemmerich Glückwünsche via Twitter übermittelt, ihren Tweet aber später wieder gelöscht und als Fehler bezeichnet.

Die SPD und die Opposition hatten nach dem Tweet sofort auf Hirtes Rücktritt gedrängt. Jemand, der die »Wahlgemeinschaft aus CDU, FDP und AfD« als Mitte bezeichne, könne nicht im Auftrag der SPD und damit der Bundesregierung sprechen, hatte SPD-Chefin Saskia Esken erklärt.

SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich begrüßte den Rücktritt. Hirtes Tweet sei »ein Verstoß gegen den demokratischen Konsens« gewesen. »Deshalb war die Entlassung unumgänglich«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Thüringens SPD-Chef Wolfgang Tiefensee forderte auf Twitter jedoch weitere Konsequenzen. Hirte dürfe nicht als Bauernopfer die einzige Folge bei der CDU sein.

Für Linksfraktionschef Dietmar Bartsch ist die Entlassung »ein notwendiger und folgerichtiger Schritt«, wie er dem RND sagte. »Wer Kemmerich zur Wahl gratuliert, der hat im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst. Und er hat deshalb in der Bundesregierung nichts zu suchen.«

Die Thüringer CDU findet den Schritt allerdings unglücklich. Offenbar sei der Druck so groß gewesen, dass keine andere Option bestanden habe, als zurückzutreten. Dass die aktuelle Situation dazu geführt habe, »bedauern wir sehr«, sagte der CDU-Generalsekretär in dem Land, Raymond Walk. Hirte habe sich mit riesigem Engagement für die Belange der Ostdeutschen eingesetzt. Aus CDU-Kreisen hieß es, über Hirtes Amt als Thüringer Vizeparteichef gebe es keine Debatte.

Die AfD sprach von einem Skandal. "Wieder einmal hat Angela Merkel einen CDU-Abweichler in der Regierung aus dem Weg geräumt. Wir
können wohl davon ausgehen, dass der nächste Ostbeauftragte die Annäherung von CDU/CSU und Linkspartei weiter vorantreiben wird", erklärte der stellvertretende Bundestagsfraktionschef Leif-Erik Holm.

Hirte ist Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und auch Beauftragter der Bundesregierung für den Mittelstand. Ob der Wirtschaftsanwalt letzteren Posten behält, war am Samstag zunächst unklar. Sein Minister Peter Altmaier (CDU) stimmte Seibert zufolge der Entlassung als Staatssekretär zu. Offen war auch, zu wann Hirte diesen Posten räumen wird.

Das Amt des »Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer« ist beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt. Der Beauftragte soll sich unter anderem für die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland einsetzen.