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Oppositionsführerin Tichanowskaja trifft sich mit Merkel

Swetlana Tichanowskaja kämpft für die Demokratie in ihrer Heimat Belarus. Hilfe erhofft sie sich nach wochenlangem Machtkampf mit Staatschef Lukaschenko auch vom Westen - besonders von Bundeskanzlerin Merkel.

Begrüßung
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja wird von Anhängern am Brandenburger Tor in Berlin begrüßt. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja wird von Anhängern am Brandenburger Tor in Berlin begrüßt. Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich heute mit der belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja zu einem persönlichen Gespräch.

Die Bürgerrechtlerin hofft dabei auf eine Vermittlerrolle Deutschlands im Machtkampf mit dem umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko. »Wir möchten, dass Deutschland als eines der mächtigsten Länder der Welt bei Verhandlungen helfen kann«, sagte Tichanowskaja in Berlin. »Jeder, der als Vermittler eintreten will, kann uns helfen.«

Deutschland habe schon viel unternommen, sagte die Oppositionelle. Sie sei dankbar, dass die EU Sanktionen gegen Personen aus dem Umfeld von Machthaber Lukaschenko verhängt habe. »Das ist ein Sieg, aber es ist ein kleiner Sieg. Die Liste muss erweitert werden«, sagte Tichanowskaja.

Am Nachmittag ist zudem ein Treffen mit Vertretern der Grünen in Berlin geplant, unter anderem mit Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und den Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck. Am Mittwoch steht ein Treffen mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) auf dem Programm.

Die Grünen forderten derweil von der Bundesregierung mehr Unterstützung für die belarussische Opposition. »Wir wollen, dass Deutschland, ähnlich wie bereits Polen und Litauen, mehr macht, um diesen Menschen vor Ort und im Exil konkret zu helfen«, sagte Manuel Sarrazin, osteuropapolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der »Süddeutschen Zeitung« (Dienstag). In Belarus seien »nicht nur Verhaftungen, Verschleppungen und Folter durch die Behörden des Landes an der Tagesordnung«. Das Regime exmatrikuliere auch Studierende, die bei den Protesten teilgenommen haben, bedrohe Familien und Angehörige oder sorge für Probleme am Arbeitsplatz.

Tichanowskaja ist eine der Anführerinnen der Demokratiebewegung. Die 38-Jährige war bei der Präsidentenwahl am 9. August gegen Lukaschenko angetreten, der nach 26 Jahren an der Macht den Sieg mit 80 Prozent der Stimmen für sich beansprucht. Die Opposition sieht Tichanowskaja als wahre Siegerin.

Die Demokratiebewegung fordert den Rücktritt des Staatschefs sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen und Neuwahlen. Gegen Lukaschenko gibt es in der Hauptstadt Minsk und anderen Städten seit Wochen Proteste.

Tichanowskaja musste nach der Wahl auf Druck der Behörden Belarus verlassen. Seitdem lebt sie im EU-Land Litauen und trifft sich regelmäßig mit EU-Politiker, unter anderem mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Tichanowskaja war bis zur Wahl politisch nicht in Erscheinung getreten. Sie arbeitete früher als Englischlehrerin und ist Mutter von zwei Kindern. Zu ihrer politischen Rolle kam sie, weil ihr Mann Sergej, der in seinem Videoblog regelmäßig Korruption anprangerte, festgenommen wurde. Daraufhin ließ sich die politische Seiteneinsteigerin an seiner Stelle als Kandidatin registrieren und mobilisierte mit Unterstützung anderer Oppositioneller Tausende Menschen. »Ich bin ein einfacher Mensch«, sagte Tichanowskaja bei einem Treffen mit Belarussen in Berlin. »Ich bin eine von euch.«

Deutschland erkennt Lukaschenko wie andere EU-Staaten nicht als Staatschef an. Lukaschenko hatte sich aber die finanzielle Unterstützung vom Nachbarn Russland gesichert und sich mit Kremlchef Wladimir Putin getroffen. Tichanowskaja betonte, dass sie mit Putin sprechen wolle. »Ich will verstehen, warum er Lukaschenko unterstützt.« (dpa)