MINSK. Trotz eines Demonstrationsverbots in Belarus (Weißrussland) hat die Opposition neue Massenproteste gegen den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko geplant.
Die Menschen sollten sich für den »Marsch der Einheit« am Sonntag ab 13.00 Uhr MESZ auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Minsk versammeln, hieß es in dem Aufruf unter dem Motto »Einer für alle, alle für einen«. Auch in anderen Städten sind ähnliche Aktionen geplant. Den Sonntagsdemonstrationen hatten sich in den vergangenen Wochen Hunderttausende Teilnehmer angeschlossen. Die Proteste dauern bereits vier Wochen an - seit der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August.
Die Demokratiebewegung fordert den Rücktritt Lukaschenkos. Ziel der Proteste ist es, die Freilassung von Gefangenen zu erreichen, die Polizeigewalt strafrechtlich verfolgen zu lassen und Neuwahlen zu erwirken.
Der 66-jährige Lukaschenko lehnt jedoch einen Dialog mit dem Koordinierungsrat der Bürgerbewegung ab. Die Demonstranten sehen die Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja für die wahre Siegerin der Abstimmung an. Lukaschenko will aber nach einem angeblichen Sieg mit rund 80 Prozent der Stimmen im November eine sechste Amtszeit beginnen. Die EU erkennt die Wahl nicht an.
Tichanowskaja rief am Samstag die Menschen dazu auf, unbedingt an der Demonstration teilzunehmen. »Denkt daran: Gemeinsam sind wir stark«, sagte sie in einem Video. Sie betonte bei einer Live-Schalte auf Youtube, dass die Menschen unbedingt ihre friedlichen Demonstrationen fortsetzen sollten. Nur so könne es gelingen, dass auch politische Gefangene freigelassen würden. Die Opposition werde ihren Weg fortsetzen und auf Dialog mit Lukaschenko beharren.
Am Wochenende hatten bereits Tausende Frauen gegen Lukaschenko demonstriert. Sie zogen am Samstag zu Fuß durch die Hauptstadt Minsk und schwenkten weiß-rot-weiße Fahnen, wie auf Bildern in sozialen Netzwerken zu sehen war. Es gab keine Festnahmen bei den Frauen; die Polizei beobachtete das Vorgehen jedoch genau. Berichten zufolge waren mindestens 5000 Frauen unterwegs. Viele trugen Blumen bei sich und bildeten Menschenketten. Am Abend sammelten sich wieder zahlreiche Menschen in den Stadtzentren, die Aktionen blieben weiter friedlich.
Unterdessen wurde bekannt, dass Tichanowskajas Vertraute, die prominente Oppositionelle Olga Kowalkowa, ins Nachbarland Polen ausreisen musste. Sie sei von den Behörden in Belarus dazu gedrängt worden, sagte Kowalkowa. Sie hätten sie vor die Wahl gestellt, das Land zu verlassen oder noch lange im Gefängnis zu bleiben. Die 36-Jährige ist auch im Präsidium des Koordinierungsrates, der einen friedlichen Machtwechsel in dem osteuropäischen Land erreichen will. Kowalkowa war im August festgenommen worden und musste mehrere Tage in Haft. (dpa)