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Niger: Westen stellt sich hinter Ecowas-Drohungen

Die westafrikanische Staatengemeinschaft droht den Putschisten im Niger mit Gewalt. Der Westen stellt sich dahinter. Ziel ist die Rettung eines Ankers der Demokratie in der Sahelzone.

Pro-Putsch-Proteste im Niger
Demonstranten nehmen an einem Marsch zur Unterstützung der Putschisten in der Hauptstadt Niamey teil. Foto: Djibo Issifou/DPA
Demonstranten nehmen an einem Marsch zur Unterstützung der Putschisten in der Hauptstadt Niamey teil.
Foto: Djibo Issifou/DPA

Nach dem Putsch im Niger hat sich die EU hinter die Drohungen der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas gegen die neuen Militärmachthaber gestellt. »Die Europäische Union unterstützt alle Maßnahmen, die die Ecowas als Reaktion auf den Staatsstreich ergriffen hat und wird sie rasch und entschlossen fördern«, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Ecowas hatte den Putschisten im Niger ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Mohamed Bazoum nicht binnen einer Woche freigelassen und wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die den Einsatz von Gewalt beinhalten könnten, hieß es. Nigers Nachbarn stellten sich damit auf die Seite des Westens und setzen die Putschisten unter wachsenden Druck.

Am Mittwoch hatten Offiziere von General Omar Tchianis Eliteeinheit den demokratisch gewählten Bazoum für entmachtet erklärt. Tchiani ernannte sich am Freitag selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tchianis Machtübernahme als De-facto-Präsident setzten die Putschisten die Verfassung des westafrikanischen Landes außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.

180 Mitglieder der Regierungspartei verhaftet

Die Regierungspartei warf zudem den neuen Militärmachthabern vor, mindestens 180 ihrer Mitglieder verhaften zu haben. Demnach sollen auch mehrere Minister der Regierung von Präsident Bazoum sowie der Vorsitzende der Partei für die Demokratie und den Sozialismus (PNDS) und der Sohn des ehemaligen Präsidenten Issoufou Mahamadou festgenommen worden sein. Die »missbräuchlichen Verhaftungen« seien Beweise für »das repressive, diktatorische und gesetzeswidrige Verhalten« der Militärs, sagte der Parteisprecher Hamid N'Gadé.

Einst Hoffnung für die ganze Region

»Der bis zum Putsch relativ sichere und politisch stabile Niger hatte Hoffnung für die gesamte Region gegeben. Diese ist nun zerstört«, sagte Ibrahim Yahaya Ibrahim vom Think Tank International Crisis Group. Der Putsch im Niger gefährde auch die Zusammenarbeit zwischen den Sahel-Ländern und den westlichen Mächten. Für den Westen war Niger bislang ein wichtiger Anker der Demokratie in der sonst volatilen Sahelzone. Für die dortigen Länder leisteten Truppen westlicher Länder, vor allem aus Frankreich, einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen den islamistischen Terror, so Ibrahim.

Besonders für die USA und die EU war der Niger ein wichtiger Partner in der Sahelzone, die sich vom Senegal im Westen bis nach Dschibuti im Osten zieht. Sie leidet seit Jahren unter einer sich ständig verschlechternden Sicherheitslage. Viele Milizen, die zum Teil dem Islamischen Staat (IS) oder dem Terrornetzwerk Al-Kaida ihre Treue geschworen haben, verüben regelmäßig Anschläge.

Der Niger ist außerdem eins der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten, die sich auf den Weg in Richtung Europa machen. Die EU kooperiert mit dem Niger bereits seit 2015, vor allem um die kritische Migrationsroute von der nigrischen Wüstenstadt Agadez nach Libyen zu blockieren.

Auch Sanktionen angedroht

Nach einer Dringlichkeitssitzung in der nigerianischen Hauptstadt Abuja am Sonntag hatte Ecowas die vollständige Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung im Niger gefordert und drohte die juristische Verfolgung der Militärjunta an sowie eine Reihe von Sanktionen.

Auch Großbritannien und die USA begrüßten den Vorstoß der Ecowas. Die EU, die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sowie Großbritannien setzten ihre Budgethilfen aus. Deutschland stoppt zunächst die zwischenstaatliche Entwicklungshilfe für den Niger. Die EU drohte zudem für den Fall von Angriffen auf diplomatische Einrichtungen und deren Personal mit Vergeltungsmaßnahmen. Französischen Medienberichten zufolge artete ein Protest vor der französischen Botschaft in Niamey in Gewalt aus.

Verantwortliche würden für ihre Taten verantwortlich gemacht, warnte Borrell. Die Europäische Union verwahre sich gegen jegliche Anschuldigung, sich von Außen unrechtmäßig einzumischen. Es gehe darum, dass der bei Wahlen zum Ausdruck gebrachte Wille des nigrischen Volkes respektiert werde.

Viele Nigrer stellen sich hingegen hinter die Putschisten. Während des Ecowas-Gipfels am Sonntag gingen in der Hauptstadt Niamey Tausende Menschen auf die Straßen, um ihre Unterstützung für die neuen Militärmachthaber kundzutun. Zahlreiche Menschen schwenkten dabei auch russische Fahnen.

© dpa-infocom, dpa:230731-99-619458/11