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Niedersachsen: SPD und Grüne wollen Regierung im Eiltempo

In der Energiekrise ist schnelles Handeln gefragt. In Niedersachsen könnte in wenigen Wochen eine Regierung aus SPD und Grünen stehen. Bis dahin dürfte es aber noch ein paar Baustellen geben.

Koalitionsverhandlungen
Stephan Weil (l, SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Julia Willie Hamburg (r, Bündnis 90/Die Grünen), Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, geben ein Pressestatement zum Beginn der Koalitionsverhandlungen. Foto: Michael Matthey
Stephan Weil (l, SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Julia Willie Hamburg (r, Bündnis 90/Die Grünen), Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, geben ein Pressestatement zum Beginn der Koalitionsverhandlungen.
Foto: Michael Matthey

Niedersachsen könnte schon in zwei Wochen eine neue Landesregierung aus SPD und Grünen haben. Ministerpräsident Stephan Weil zog nach Beginn der Koalitionsverhandlungen am Mittwoch ein positives Fazit. »Nach der vorangegangenen Diskussion sehe ich eigentlich nirgendwo ein Thema, wo wir wirklich sehr weit auseinander liegen würden«, sagte der SPD-Politiker in Hannover.

Kommende Woche wollen die Parteien die Ergebnisse vorlegen. Auf außerordentlichen Landesparteitagen soll dann über die mögliche Koalition abgestimmt werden. Sollten beide Parteien zustimmen, was als Formsache gilt, soll am 7. November der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden, einen Tag später der Landtag zusammenkommen.

Die SPD hatte die Landtagswahl am 9. Oktober klar gewonnen. Ministerpräsident Weil strebt eine dritte Amtszeit an - in seiner ersten hatte er bereits mit den Grünen regiert. Danach folgte ein Bündnis mit der CDU.

Themen zu Beginn

Am ersten Tag der Koalitionsverhandlungen standen die Themen Umwelt und Wirtschaft im Vordergrund - »nicht die ganz leichten Themen«, wie Weil vor Beginn sagte. Da man sich ohnehin in fast allen Dingen einig sei, wolle man sich die notwendige Zeit nehmen, um über die »schwierigen Sachverhalte« zu sprechen.

Was bereits bekannt ist

SPD und Grüne legten nach dem ersten Verhandlungstag erste Eckpunkte vor. So sollen erneuerbare Energien den Bedarf des Bundeslandes 2030 zu mindestens 75 Prozent decken - 2035 sollen es 90 Prozent und fünf Jahre später dann 100 Prozent sein. Die Energie soll dann entweder aus Niedersachsen oder aus klimaneutralen Energieimporten stammen. Klimaschutz werde einen höheren Stellenwert einnehmen, sagte Weil.

Der SPD-Politiker sicherte zu, dass das Bundesland seinen Anteil an einem bundesweiten Nahverkehrsticket für 49 Euro bezahlen werde. Für Schüler oder Auszubildende soll es ein landesweites Ticket für 29 Euro geben. Eine Landeswohnungsbaugesellschaft soll mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Zudem planen die Parteien, dass auch nach Dachsanierungen künftig eine Pflicht für Photovoltaikanlagen greift.

Wo generell Gemeinsamkeiten vorhanden sind

Mit den Grünen statt der CDU in der Regierung dürfte Niedersachsen künftig einen anderen Weg in der Finanzpolitik einschlagen. Auch über die Energiekrise hinaus dürfte das Geld unter Rot-Grün lockerer sitzen als bisher. Die erklärten Wunschpartner wollen, dass das Land deutlich mehr investiert als bisher, in den Wohnungsbau und die Hochschulen etwa - auch wenn das neue Schulden voraussetzt. Bei der geplanten Anhebung der Gehälter von Grund-, Haupt- und Realschullehrern sowie dem schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien dürfte auch schnell Einigkeit herrschen.

Klar ist: Das erste Projekt von Rot-Grün wird ein Entlastungspaket in der Energiekrise. So hatte es Weil für den Fall seiner Wiederwahl versprochen. Die Grünen hätten das Paket am liebsten noch vor der Wahl verabschiedet. Das von Weil im Wahlkampf vorgestellte Programm soll 970 Millionen Euro umfassen und Kitas und Schulen, kleinen und mittleren Unternehmen, dem Gesundheits- und Pflegesektor sowie Kultur- und Sporteinrichtungen zugutekommen.

Wo es Unterschiede gibt

Für Diskussionen könnte die Verkehrspolitik sorgen, insbesondere der Bau neuer Autobahnen. Bei den Klimazielen dürften SPD und Grüne etwas auseinander liegen. Ein weiteres potenzielles Streitthema ist die geplante Gasförderung in der Nordsee vor Borkum. Die SPD ist dafür, die Grünen lehnen das ab. Differenzen dürfte es auch beim Umgang mit dem Wolf oder innenpolitischen Themen geben.

Das künftige Kabinett

Bislang stellten SPD und CDU jeweils fünf Ministerinnen und Minister. Da die CDU bei der Landtagswahl 2017 deutlich stärker war als nun die Grünen, dürfte sich die Aufteilung verändern. Landeschef Hans-Joachim Janßen hatte für die Grünen Anspruch auf drei bis vier Ministerien erhoben. Doch über die genaue Besetzung des Kabinetts hüllen sich beide Seiten in Schweigen.

Die Grünen legen dem Vernehmen nach Wert darauf, dass Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg das Wirtschaftsministerium übernimmt. Co-Spitzenkandidat Christian Meyer könnte Umweltminister werden. Der derzeitige SPD-Umweltminister Olaf Lies bräuchte dann ein anderes Ressort, möglich erscheint das Finanzministerium. Andere wichtige SPD-Minister wie Boris Pistorius (Inneres) und Daniela Behrens (Soziales) gelten als gesetzt.

© dpa-infocom, dpa:221026-99-269889/3