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Nicaragua bürgert 94 weitere Regierungskritiker aus

Der autoritäre Präsident Daniel Ortega hat es eilig mit seinen Kritikern. Erst schiebt er Oppositionelle in die USA ab und schickt einen Bischof ins Gefängnis. Nun sind weitere Gegner im Exil dran.

Daniel Ortega
Daniel Ortega, Präsident von Nicaragua, regiert ununterbrochen seit 16 Jahren. Foto: Alfredo Zuniga
Daniel Ortega, Präsident von Nicaragua, regiert ununterbrochen seit 16 Jahren.
Foto: Alfredo Zuniga

Die autoritäre Regierung Nicaraguas erhöht auch den Druck auf ihre Kritiker im Ausland. Nach der Abschiebung und Ausbürgerung von 222 oppositionellen Häftlingen entzog die Justiz des mittelamerikanischen Landes am Mittwoch (Ortszeit) 94 weiteren Personen die Staatsangehörigkeit, die bereits im Exil leben. Zu den Ausgebürgerten zählen auch der renommierte Schriftsteller Sergio Ramírez und die international bekannte Autorin Gioconda Belli. Alle seien wegen Hochverrats ausgebürgert worden, teilte der Vorsitzende des Berufungsgerichts in der Hauptstadt Managua mit.

Betroffen sind ferner Diplomaten, Journalisten, Menschenrechtlerinnen, Politiker und der katholische Bischof Silvio Báez. »Die Angeklagten begehen weiterhin kriminelle Handlungen zum Nachteil des Friedens, der Souveränität, der Unabhängigkeit und der Selbstbestimmung des nicaraguanischen Volkes«, begründete der Richter die Entscheidung. Ihnen wurde außerdem vorgeworfen, sie würden Falschnachrichten verbreiten und die nationale Integrität untergraben. Ihr Vermögen soll beschlagnahmt werden.

Ramírez, der 2017 den spanischen Cervantes-Literaturpreis gewann, und Belli (»Bewohnte Frau« u.a.) leben in Spanien im Exil, beide waren in den 1970er Jahren Weggefährten des heutigen Präsidenten Daniel Ortega im Kampf der linken Sandinisten gegen die Diktatur von Anastasio Somoza. Nach dem Sturz von Somoza 1979 wurden Ortega und Ramírez Mitglieder der fünfköpfigen Regierungsjunta. Dann übernahm 1985 Ortega das Präsidentenamt, während Ramírez Vizepräsident wurde. 1990 wurden sie abgewählt.

Gefangene in die USA abgeschoben

Ortega kehrte 2007 als Staats- und Regierungschef an die Macht zurück, seitdem regiert er ununterbrochen. Seit 2017 ist seine Ehefrau Rosario Murillo Vizepräsidentin. Der Ex-Guerillero und seine Frau gehen mit immer härteren Mitteln gegen Kritiker vor. Bei Protesten gegen die Regierung kamen im Jahr 2018 mehr als 350 Menschen ums Leben. Vor seiner umstrittenen Wiederwahl 2021 ließ Ortega sieben konkurrierende Kandidaten festnehmen. 3000 Nichtregierungsorganisationen wurde die Zulassung entzogen.

Vergangene Woche schob Ortega fast alle Gefangenen in die USA ab, die Menschenrechtlern zufolge aus politischen Gründen in Nicaragua inhaftiert gewesen waren. Ihnen wurde auch die Staatsbürgerschaft aberkannt. Der Bischof Rolando Álvarez, der unter Hausarrest stand, weigerte sich, aus dem Land gebracht zu werden. Am folgenden Tag wurde er zu 26 Jahren Haft verurteilt. Laut Medienberichten wird der Geistliche nun in einer kleinen Zelle unter harten Bedingungen im Gefängnis gehalten.

© dpa-infocom, dpa:230216-99-612924/4