Russlands Präsident Wladimir Putin hat nach Ansicht von Österreichs Kanzler Karl Nehammer im Ukraine-Krieg ein Entgegenkommen bei Getreideexporten sowie beim Umgang mit Kriegsgefangenen signalisiert.
So habe Putin zugesichert, mit Kiew wieder über die Frage des Gefangenenaustauschs zu verhandeln, sagte Nehammer nach einem 45-minütigen Telefonat mit dem russischen Präsidenten. Das Internationale Rote Kreuz werde laut Putin Zugang zu den Kriegsgefangenen erhalten, so der Regierungschef in Wien. Darüber hinaus orte er eine gewisse Beweglichkeit Moskaus beim Problem des aktuell extrem erschwerten Getreide-Exports der Ukraine.
»Putin hat Signale gegeben, dass er durchaus bereit ist, Exporte über die Seehäfen zuzulassen«, sagte Nehammer. Die dafür nötigen Häfen müssten aber wohl von zu Verteidigungszwecken ausgelegten Minen geräumt werden, was Moskau nicht ausnützen dürfe, sagte Nehammer. Von Kremlseite hieß es, Putin habe Nehammer darauf hingewiesen, dass es keinen Grund gebe, Russland die Schuld für die Probleme bei den Lebensmittellieferungen zu geben.
Insgesamt sei das Telefonat »sehr intensiv und sehr ernst« gewesen. Österreich versuche, in der Tradition seiner »aktiven Neutralitätspolitik« mit allen Konfliktparteien im Gespräch zu bleiben.
Der Kanzler hatte im Vorfeld des Kontakts auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan telefoniert. Erdogan wolle in den nächsten Tagen auf beide Kriegsparteien zugehen, um den von türkischer Seite initiierten Verhandlungsprozess wieder anzustoßen, sagte Nehammer. Er hatte im April als erster westlicher Regierungschef nach der russischen Invasion in der Ukraine Putin in Moskau zu einem Gespräch aufgesucht.
© dpa-infocom, dpa:220527-99-449256/10