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Nato beschließt neues strategisches Konzept

»Wir wünschen uns eine echte strategische Partnerschaft zwischen der Nato und Russland« - dieser Satz stand bis zu diesem Mittwoch im strategischen Konzept der Nato. Das ist nun Geschichte.

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Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten beim Gruppenfoto in Madrid. Foto: Europa Press
Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten beim Gruppenfoto in Madrid.
Foto: Europa Press

Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten haben bei ihrem Gipfeltreffen in Madrid ein neues strategisches Konzept für das Militärbündnis beschlossen. Das bestätigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch nach der ersten Arbeitssitzung.

In dem Grundlagendokument für politische und militärische Planungen wird Russland als »größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum« bezeichnet, China als Herausforderung.

Das neue strategische Konzept ersetzt die vorherige Version aus dem Jahr 2010. Damals hatten die Alliierten noch gehofft, dass die Zeit der großen Spannungen mit Russland vorbei sei, und auf eine »echte strategische Partnerschaft« mit dem Land gesetzt.

Russland nicht mehr Partner

Im neuen Konzept heißt es nun: »Angesichts ihrer feindseligen Politik und Handlungen können wir die Russische Föderation nicht als unseren Partner betrachten.« Die Beziehungen könnten sich erst dann wieder ändern, wenn Russland sein aggressives Verhalten einstelle und das Völkerrecht in vollem Umfang einhalte. Man bleibe jedoch bereit, die Kommunikationskanäle mit Moskau offen zu halten, um Risiken zu mindern, Eskalationen zu verhindern und mehr Transparenz zu schaffen.

Im Vorwort heißt es: »Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine hat den Frieden zunichte gemacht und unser Sicherheitsumfeld schwerwiegend verändert.« Man unterstreiche die Notwendigkeit, Abschreckung und Verteidigung deutlich zu stärken.

Russlands Einmarsch in die Ukraine wird als brutal und rechtswidrig bezeichnet. Wiederholte Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und abscheuliche Angriffe und Gräueltaten hätten unsägliches Leid und entsetzliche Verwüstung verursacht.

Als Bedrohung für die Nato-Staaten werden in dem Konzept unter anderem Russlands Versuche beschrieben, sich über Zwang, Subversion, Aggression und Annexion Einflusssphären zu schaffen. Die erwiesene Bereitschaft des Landes, Gewalt zur Verfolgung politischer Ziele einzusetzen, untergrabe die regelbasierte internationale Ordnung.

Abschreckung soll gestärkt werden

In Folge dieser Politik wird die Nato dem Konzept zufolge die »Abschreckung und Verteidigung für alle Verbündeten deutlich stärken« und auch Partner dabei unterstützen, »böswillige Einmischung und Aggression abzuwehren«. Zugleich wird festgehalten, dass die Nato keine Konfrontation suche und für Russland keine Bedrohung darstelle.

Vor allem auf Druck der USA hin wird im neuen strategischen Konzept auch auf China eingegangen. Es wird dort als Land beschrieben, das versucht, strategisch wichtige Technologie- und Industriesektoren, kritische Infrastruktur sowie Lieferketten unter seine Kontrolle zu bringen. Als Gefahr wird zudem die zunehmende strategische Abstimmung zwischen China und Russland genannt.

In Reaktion auf die »systemischen Herausforderungen« durch China wollen die Nato-Staaten nun ihr gemeinsames Lagebild verbessern und die Resilienz und Abwehrbereitschaft erhöhen. Damit will man sich auch gegen Versuche Chinas schützen, das Bündnis zu spalten. Als konkrete Bedrohungen werden eine undurchsichtige militärische Aufrüstung, böswillige Cyberangriffe und Desinformation genannt. Wie auch bei Russland wird allerdings festgehalten, dass die Nato für konstruktive Gespräche zur Wahrung der Sicherheitsinteressen des Bündnisses offen bleibt.

Sich selbst beschreibt die Nato im Vorwort zum Konzept als »ein Bollwerk« der regelbasierten internationalen Ordnung. »Wir bleiben fest entschlossen, unsere eine Milliarde Bürger zu schützen, unser Gebiet zu verteidigen und unsere Freiheit und Demokratie zu sichern«, heißt es dort.

© dpa-infocom, dpa:220629-99-847960/4