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Nach Silvester-Krawallen: Die Politik sucht nach Lösungen

Die Gewalt gegen Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht hat viele schockiert. Berlins Regierende Bürgermeisterin setzt auf ein Bündel von Maßnahmen - und fordert ein Umdenken in der Justiz.

Nancy Faeser
Hatte sich bereits vor den Silvester-Ausschreitungen für eine Verschärfung des Waffenrechts ausgesprochen: Nancy Faeser. Foto: Christoph Soeder
Hatte sich bereits vor den Silvester-Ausschreitungen für eine Verschärfung des Waffenrechts ausgesprochen: Nancy Faeser.
Foto: Christoph Soeder

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bundesinnenministerin Nancy Faeser haben Konsequenzen nach den Angriffen auf Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht angekündigt. Giffey hält angesichts der Gewalt auch von Jugendlichen bei den Krawallen ein Umdenken in der Justiz für erforderlich.

Wichtig sei eine schnelle und konsequente Ahndung der Straftaten, insbesondere bei jugendlichen Mehrfachtätern, sagte sie am Freitag bei einem gemeinsamen Besuch mit Faeser und Innensenatorin Iris Spranger (alle SPD) in der Feuerwache Neukölln.

In der Nacht zum Neujahrstag waren in mehreren Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, unter anderem mit Böllern und Raketen. Besonders heftig waren die Attacken in einigen Vierteln von Berlin. Die Diskussion um die Konsequenzen nach den Krawallen fällt mitten in den Berliner Wahlkampf: Am 12. Februar steht die Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten an.

Giffey sagte, die Frage sei: »Wie sehr setzen wir uns dafür ein, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Dass junge Täter noch wissen, wofür sie verurteilt werden.« sie räumte ein, dass das Thema zügige Strafverfahren nicht neu sei. Es sei aber in den vergangenen Jahren ein Stück weit aus dem Blick geraten, so Giffey. »Ich finde, wir müssen da wieder hinkommen.«

Korrektheit vor Schnelligkeit

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) geht von umfangreichen Ermittlungen nach den Silvester-Krawallen aus. Ein beschleunigtes Verfahren nach dem Neuköllner Modell eignet sich nach ihrer Einschätzung daher nicht bei der Verfolgung der Straftaten. »Es ist wichtig, dass die Urteile fehlerfrei zustande kommen«, sagte Kreck am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Aus Sicht des Deutschen Richterbundes ist die von der Politik geforderte schnelle Strafverfolgung nur mit mehr Personal möglich. Bundesweit fehlten bei den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften mehr als 1000 Juristen. Staatsanwaltschaften arbeiteten seit Jahren an der Belastungsgrenze, hieß es. »Angesichts der hohen Arbeitsbelastung und stetig wachsender Aufgaben kann eine Trendwende zu schnelleren Verfahren nur mit deutlich mehr Personal gelingen«, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der Deutschen Presse-Agentur.

Bundesinnenministerin Faeser sagte, sie wolle eine Verschärfung des Waffenrechts durchsetzen, insbesondere mit Blick auf den Kauf von Schreckschusswaffen. Diese hätten in der Silvesternacht eine große Rolle gespielt, seien aber »eben nicht ein harmloses Instrument«. »Es handelt sich um eine Waffe. Dafür braucht es eine Erlaubnis«, betonte die Bundesinnenministerin. »Diese Verschärfung halte ich für ein wichtiges Signal.« Faeser hatte sich bereits zuvor für eine Verschärfung des Waffenrechts ausgesprochen.

Giffey: »Set an Maßnahmen« nötig

Berlins Innensenatorin Iris Spranger, die gerade den Vorsitz der Innenministerkonferenz übernommen hat, will das Thema ebenfalls vorantreiben. »Was Berlin machen kann, werden wir tun. Und was wir im Bund machen können, werden wir selbstverständlich miteinander auch unter den Innenministern besprechen«, sagte sie.

Giffey ergänzte, insgesamt sei nach den Grenzüberschreitungen in der Silvesternacht ein »Set an Maßnahmen« notwendig. Das eine sei die konsequente Strafverfolgung, das Zweite eine bessere Ausrüstung und Ausstattung von Polizei und Feuerwehr. »Das Dritte ist eine bundesweite Debatte über Notwendigkeiten von Gesetzesänderungen.« Die Frage sei: »Was muss bundesweit anders laufen in Deutschland?« Entscheidend sei nun, nicht nur zu beraten, sondern schnell ins Handeln zu kommen. »So ein Silvester darf es nicht noch einmal geben.«

Gleichzeitig hält es die SPD-Politikerin für falsch, den Blick nur auf die Silvesternacht zu lenken. »Es die Spitze eines Eisbergs. Es ist die Gewaltentladung an einem Abend, an dem bestimmte Gruppen, das für legitim gehalten haben«, sagte sie. »Aber es ist auch ein Werteverfall, eine Respektlosigkeit, die an allen anderen Tagen sichtbar wird.« Es gebe offensichtlich junge Menschen, die sich der Gesellschaft nicht mehr zugehörig und verpflichtet fühlten.

Giffey kündigte an, der Senat werde sich am Dienstag über das Thema beraten. Außerdem werde es am Mittwoch einen Gipfel zum Thema Jugendgewalt geben.

Die SPD-Politikerinnen hatten zusammen mit Berlins Feuerwehrchef Karsten Homrighausen in der Neuköllner Feuerwache rund zwei Dutzend Einsatzkräfte getroffen, die von ihren Erfahrungen während der Silvesternacht berichteten. Die Feuerwache in Berlin-Neukölln ist nicht weit entfernt von der Hermannstraße. In diesem Teil des Bezirks hat es besonders heftige Angriffe auf Polizei und Feuerwehr gegeben.

Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein sagte, es sei ein »hitzige Debatte« gewesen. Von Seiten der Feuerwehrleute hieß es, entscheidend sei, was nun tatsächlich umgesetzt werde.

© dpa-infocom, dpa:230105-99-120256/12