Die russische Luftwaffe hat in ihrem Krieg gegen die Ukraine nach Angaben aus Moskau mit der Hyperschall-Rakete »Kinschal« (Dolch) ein Raketenarsenal im Gebiet Iwano-Frankiwsk zerstört.
Das unterirdische Munitionsdepot der ukrainischen Luftwaffe in Deljatyn im Südwesten der Ukraine sei gestern durch die ballistische Rakete vernichtet worden. Das sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konoschenkow, am Samstag. Im Gebiet Odessa am Schwarzen Meer seien zwei Stützpunkte der militärischen Aufklärung zerstört worden. Überprüfbar waren die Angaben nicht.
Es ist das erste Mal seit Beginn des Krieges, dass Russland von dem Einsatz seiner neuen ballistischen Luft-Boden-Rakete »Kinschal« berichtet. Es sei der erste Einsatz im Kampf überhaupt, hieß es. Bisher kamen die Waffen vor allem bei Manövern zum Einsatz – zuletzt wenige Tage vor der Invasion in die Ukraine, die am 24. Februar begonnen hat.
Abgeschossen werden die »Kinschal«-Raketen von Kampfflugzeugen des Typs Typs MiG-31. Sie können nach russischen Angaben Ziele in bis zu 2000 Kilometer Entfernung treffen – unter Umgehung aller Luftabwehrsysteme. Hyperschallraketen übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches und fliegen mit mehr als 6000 Kilometern pro Stunde.
Russland begründet seinen Krieg in der Ukraine auch mit dem Ziel, das vom Westen ausgerüstete Nachbarland zu entmilitarisieren. In der Nacht zum Samstag seien 69 Militärobjekte, darunter vier Kommandostützpunkte der Ukraine, zerstört worden, sagte Konaschenkow. Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin forderte die USA und die Nato-Staaten auf, die Ukraine nicht weiter zu bewaffnen, »wenn sie baldigst Frieden wollen«.
Fakten zur Hyperschallrakete
Die Hyperschallrakete Ch-47M2 Kinschal (»Dolch«) ist einer der furchterregendsten Neuzugänge der russischen Luftwaffe. Die etwa acht Meter langen Raketen fliegen extrem schnell und extrem hoch, bleiben dabei nach russischen Angaben aber manövrierfähig. Sie sind nach Einschätzung der Nato mit herkömmlicher Flug- oder Raketenabwehr kaum abzufangen. AS-24 Killjoy (»Spielverderber«) hat das westliche Bündnis die neue russische Waffe getauft.
Präsident Wladimir Putin stellte die »Kinschal«-Raketen als eine von mehreren Superwaffen erstmals im März 2018 in seiner Rede an die Nation öffentlich vor. Bis zu zehnfache Schallgeschwindigkeit sollte die neue Rakete nach seinen Angaben erreichen. Bisher kamen »Kinschal«-Raketen vor allem bei Manövern zum Einsatz – zuletzt wenige Tage vor der Invasion in die Ukraine, die am 24. Februar begann.
Die »Kinschal« wird von Abfangjägern des Typs MiG-31 in großer Höhe abgefeuert. Erst in sicherer Entfernung vom Flugzeug zündet das eigene Raketentriebwerk. Es trägt die »Kinschal« erst bis zu 20 Kilometer in die Höhe, wo die Rakete hohe Reibungstemperaturen aushalten muss, und dann hinab zum Ziel. Beim Start von einer MiG-31 hat das Waffensystem nach russischen Angaben eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern.
Dabei trägt die »Kinschal« bis zu 480 Kilogramm Sprengstoff oder einen nuklearen Sprengkopf. Damit könne die Rakete wichtige Infrastruktur in Europa angreifen, zum Beispiel Flugplätze, schrieb die US-Denkfabrik Center für Strategic and International Studies (CSIS). Auch große Nato-Schiffe auf dem Atlantik könnten zum Ziel werden.
An der Entwicklung von Hyperschallraketen arbeiten auch die USA und China. Die Nato listet in einem Papier von 2020 auch Forschungen in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Australien und Indien auf. Teils geht es dabei um die Abwehr solcher Raketen.
Denn die neue Waffenklasse schafft strategische Unsicherheit: Fliegt eine konventionelle Rakete so schnell auf mich zu, oder ist es ein nuklearer Angriff? »Hyperschallraketen mit ihrer neuartigen Kombination von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit können alle gegenwärtigen Raketenabwehrsysteme überwinden und verkürzen radikal die Reaktionszeit des angegriffenen Akteurs«, schrieb die Münchener Sicherheitskonferenz in ihrem Bericht 2019.
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