Der barbarische Mord an dem Lehrer Samuel Paty riss in Frankreich vor drei Jahren eine tiefe Wunde, die bis heute nicht verheilt ist.
Daran dürften auch die verhängten Urteile in einem ersten Prozess um den islamistisch motivierten Terrorakt kaum etwas ändern. Vor einem Pariser Jugendgericht mussten sich sechs Schüler für ihre Beteiligung an dem dramatischen Vorlauf verantworten, der vor drei Jahren in die Bluttat mündete. Fünf von ihnen erhielten Bewährungsstrafen und ein Schüler wurde zu einem halben Jahr Haft verurteilt.
Am 16. Oktober 2020 hatte ein 18-Jähriger den Geschichtslehrer in einem Pariser Vorort getötet und dann enthauptet. Die Polizei erschoss damals den Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln. Das Verbrechen löste international Entsetzen aus.
Jugendliche auf der Anklagebank
Vor der Tat war im Internet gegen Paty gehetzt worden, weil er im Unterricht zum Thema Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte. Fünf zur Tatzeit 14 und 15 Jahre alte Schüler sollen dem Attentäter dabei geholfen haben, den 47-jährigen Paty zu erkennen. Der Schüler, der dem Angreifer anwies, dass es sich um den Lehrer Paty handelt, als dieser die Schule verließ, muss sechs Monate Haft mit einer elektronischen Fußfessel verbüßen.
Eine damals 13-jährige Schülerin, die mit einer falschen Anschuldigung den Auslöser für die Tat gab, erhielt 18 Monate Haft auf Bewährung. Sie soll zu Hause von einer Präsentation der umstrittenen Karikaturen geredet haben, obwohl sie an dem Tag gar nicht in der Schule war. In Frankreich gelten Kinder im Allgemeinen ab 13 Jahren als strafmündig.
Bei dem Prozess war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Was die Schüler zum Geschehen aussagten, drang nicht nach draußen. Weiteren Aufschluss über die Umstände, die zu der Tat führten, wird es für die Öffentlichkeit deshalb erst Ende 2024 beim Prozess gegen acht erwachsene Angeklagte geben. Sie sollen den Angreifer teils unmittelbar bei der Vorbereitung seiner Tat unterstützt haben.
Attentäter bot 300 Euro
Die fünf angeklagten Schüler seien eher zufällig zu Gehilfen geworden, berichtete das Magazin »L'Obs« unter Verweis auf deren Vernehmungen. Der Attentäter tauchte demnach an der Schule auf und bot einem der Schüler 300 Euro dafür, ihm zu zeigen, wer der Lehrer ist. Dabei redete er schlecht von Paty und gab an, diesen zu einer Entschuldigung bei den Muslimen zwingen zu wollen. Der Schüler ging auf das Angebot ein und spannte einige Kameraden ein. Dabei sollen die Jugendlichen geahnt haben, dass der Attentäter nichts Gutes im Schilde führte - von dem Mordkomplott ahnten sie aber offenbar nichts.
Schon vor Beginn des Prozesses wurde Frankreich erneut durch eine tödliche Attacke auf einen Lehrer aufgewühlt. Am 13. Oktober erstach ein islamistisch radikalisierter 20-Jähriger in einer Schule im nordfranzösischen Arras einen Lehrer. Die Behörden hatten den jungen Mann als Gefährder im Visier. Wie schon bei der brutalen Attacke auf Paty sah Frankreich sein säkulares Staatswesen angegriffen und insbesondere eine tragende Säule davon, das nationale Bildungswesen. Binnen drei Jahren sei es dem Land nicht gelungen, seine Lehrer besser zu schützen, beklagten manche.
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