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Merkel wird 65 - und leitet ganz normal die Kabinettssitzung

Die Kanzlerin hat Geburtstag. Warme Worte kommen von einem, der Merkel in der Vergangenheit auch schon mal scharf kritisiert hat.

Angela Merkel wird 65
Angela Merkels Beliebtheitswerte sind weiter hoch - während ihre CDU in den Umfragen klar unter 30 Prozent dümpelt. Foto: Britta Pedersen
Angela Merkels Beliebtheitswerte sind weiter hoch - während ihre CDU in den Umfragen klar unter 30 Prozent dümpelt. Foto: Britta Pedersen

BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel feiert heute ihren 65. Geburtstag. Großes Aufheben darum macht die CDU-Politikerin allerdings nicht.

Vielmehr leitet sie wie üblich die Sitzung des Bundeskabinetts. Auf den Tag angesprochen, hatte Merkel in der vergangenen Woche gesagt: »Das bedeutet eben, dass man nicht jünger wird. Aber erfahrener vielleicht.«

Merkel ist seit November 2005 Bundeskanzlerin. Zuletzt drehten sich die Schlagzeilen um ihren Gesundheitszustand, nachdem sie dreimal innerhalb von drei Wochen Zitterattacken erlitten hatte - stets bei öffentlichen Terminen im Stehen. Sie sei »fest davon überzeugt, dass ich gut leistungsfähig bin«, versicherte sie. Bei Empfängen zweier ausländischer Regierungschefinnen hatte sie zuletzt pragmatisch reagiert - und der Nationalhymne im Sitzen gelauscht.

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel würdigte Merkel zu ihrem Geburtstag als »herausragende Persönlichkeit im Kanzleramt«. »Denn selbst im Sitzen strahlt die deutsche Regierungschefin noch mehr politische Kraft aus als viele, die stehend und in scheinbarer Größe vor ihr posieren«, schrieb Gabriel in einem Beitrag für den Berliner »Tagesspiegel«. »Mehr Sein als Schein ist nicht nur ihr politisches (Über-)Lebensmotto.« Was immer man von den einzelnen politischen Entscheidungen Merkels halten möge: »Sie hat als deutsche Bundeskanzlerin unserem Land Gutes und gutgetan«, so Gabriel.

Merkel stand in den vergangenen Jahren auch in der Kritik, vor allem ihre Haltung in der Flüchtlingspolitik polarisierte. Doch ihre Beliebtheitswerte sind hoch - während ihre CDU, deren Vorsitz sie Ende vergangenen Jahres abgegeben hat, in den Umfragen klar unter 30 Prozent dümpelt.

Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, führt Merkels Ansehen unter anderem auf ihren unprätentiösen Stil zurück. »Das Herausragende ist, dass sie vielen Menschen das Gefühl von Sicherheit und Stabilität vermittelt hat. Sie hat vermittelt, dass sie sich um die Sorgen der Menschen tatsächlich kümmert, ohne da ein großes Brimborium drum zu machen«, sagte Güllner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch).

Bei ihr hätten die Bürger das Gefühl, »sie kann auch bei den geopolitisch schwierigen Verhältnissen, die wir gerade heute haben, eher mit den merkwürdigen Herren in der Welt umgehen als andere«, sagte Güllner. »Das in Summe macht das positive Bild von Merkel aus.« Das Vertrauen in Merkel habe trotz teils sehr kritischer Berichterstattung in den Medien über die Jahre kaum gelitten.

Merkel hat klargemacht, dass dies ihre letzte Legislaturperiode in der Politik ist. Die große Frage ist, wie lange die große Koalition hält - angesichts der ständigen Reibereien in dem schwarz-roten Bündnis, zuletzt bei der Nominierung Ursula von der Leyens als EU-Kommissionspräsidentin. Zumindest diese Baustelle wurde kurz vor Merkels Geburtstag abgeräumt, und als Nachfolgerin im Verteidigungsministerium ist CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gefunden. Insofern stünde einem baldigen Sommerurlaub der Kanzlerin wohl nichts im Weg.

Zu ihrem 60. Geburtstag hatte sich Merkel übrigens einen wissenschaftlichen Vortrag des Historikers Jürgen Osterhammel gewünscht, zum 50. hatte der Hirnforscher Wolf Singer über die »Utopie der Planbarkeit der Zukunft« referiert. (dpa)