POTSDAM. Die 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen sollen bis März 2020 im Schnitt insgesamt 7,5 Prozent mehr Geld bekommen.
Der neue Tarifvertrag soll rückwirkend zum 1. März beginnen und eine Laufzeit von 30 Monaten haben. Dies teilten die Verhandlungsführer nach dreitägigem Ringen am frühen Mittwochmorgen in Potsdam mit.
Die drei Erhöhungen machen 3,19 Prozent rückwirkend zum 1. März 2018 aus, zum 1. April 2019 dann 3,09 Prozent und zum 1. März 2020 weitere 1,06 Prozent. Für die unteren Einkommen gibt es mit Wirkung vom März eine Einmalzahlung von 250 Euro. Das betrifft unter anderem Müllwerker, die heute bis zu 2629 Euro verdienen, oder Verwaltungsangestellte (2865 Euro).
Das Gesamtpaket bedeutet für die Kommunen ein Kostenvolumen über die gesamte Laufzeit von insgesamt 7,5 Milliarden Euro, für den Bund von 2,2 Milliarden Euro. Nach Angaben des neuen Verhandlungsführers des Bundes, Innenminister Horst Seehofer (CSU), soll das Ergebnis auf die Beamten übertragen werden.
Verdi-Chef Frank Bsirske zeigte sich sehr zufrieden: »Es ist das beste Ergebnis seit vielen Jahren.« Seehofer war ebenfalls »sehr zufrieden«, dass es für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes zu spürbaren Gehaltsverbesserungen komme sowie zu Verbesserungen bei den Entgeltstrukturen. Er sprach von einer großen Reform.
Bsirske und Seehofer betonten dass die Entgeltstufen so ausgestaltet werden sollen, dass der öffentliche Dienst als Arbeitgeber attraktiver und wettbewerbsfähiger werde. Der Verhandlungsführer der Kommunen, VKA-Präsident Thomas Böhle, sieht sein Ziel erreicht, dass durch mehr Geld in den oberen Einkommensgruppen die Chancen steigen, Fachkräfte wie IT-Spezialisten oder Ingenieure, aber auch Erzieherinnen zu gewinnen. Er begrüßte die lange Laufzeit.
Bsirske und der Verhandlungsführer des Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, hoben hervor, dass ein Einstieg im öffentlichen Dienst auch für Auszubildende attraktiver gemacht werden solle. Laut Bsirske soll es 100 Euro mehr Ausbildungsvergütung geben sowie eine Anhebung der Löhne um durchschnittlich zehn Prozent bei Beschäftigungsbeginn.
Die dritte und entscheidende Runde der Tarifverhandlungen hatte am Sonntag begonnen. Nach anfänglichem Optimismus kamen relativ rasch Komplikationen auf. Die Gewerkschaften hatten ursprünglich sechs Prozent mehr Einkommen sowie einen Mindestbetrag von 200 Euro gefordert. Bereits am Vormittag zeichnete sich dann aber eine Einigung ab.
Vor allem der von den Gewerkschaften geforderter Mindestbetrag für untere Lohngruppen galt als problematisch für die Arbeitgeber - insbesondere die der Kommunen. Diese haben in den unteren Einkommensgruppen keine großen Probleme, Arbeitskräfte zu bekommen, dafür aber bei den besser bezahlten Fachkräften.
In der vergangenen Woche hatten massive Warnstreiks von insgesamt 220.000 Beschäftigten unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt und den Flugverkehr gestört. Dies machte offensichtlich Eindruck auf die Arbeitgeber. Zudem war angesichts der derzeit guten Konjunktur und Rekordsteuereinnahmen zu erwarten, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst davon etwas abbekommen sollten.
Seehofer hatte zum Auftakt denn auch gesagt, er wolle zügige Verhandlungen und sei persönlich an einem vernünftigen Abschluss interessiert. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sollten an der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland teilhaben. Es war der erste Tarifpoker für den neuen Bundesinnenminister, der als CSU-Chef im Oktober die Landtagswahl in Bayern zu bestreiten hat.
Seehofer, Bsirske und der Tarifdurchbruch
- DIE STUFEN: Demnach soll es rückwirkend zum 1. März 2018 im Schnitt 3,19 Prozent mehr geben, zum 1. April 2019 dann 3,09 Prozent mehr und zum 1. März 2020 weitere 1,06 Prozent. Im Schnitt deswegen, weil es dieses Mal nicht um eine lineare Anhebung aller Tarife ging, sondern auch um eine Neuordnung der Tarifgruppen.
- DAS PLUS: Insgesamt bedeutet das eine Anhebung in dem Zeitraum im Schnitt um 7,5 Prozent. Laut Bundesinnenministerium haben dabei alle Beschäftigte ein Plus von mindestens 6,8 Prozent. Für viele sei die Steigerung höher. Die Einstiegsgehälter in allen Entgeltgruppen sollen laut Innenministerium bis 2020 um zehn Prozent angehoben werden.
- DIE UNTEREN EINKOMMEN: Für Beschäftigte mit niedrigerem Einkommen bis zur Entgeltgruppe sechs soll es eine Einmalzahlung von 250 Euro geben. Das betrifft unter anderem Müllwerker, die heute bis zu 2629 Euro verdienen, oder Verwaltungsangestellte (2865 Euro).
- DIE LAUFZEIT des neuen Tarifvertrages geht über 30 Monate. Er soll auch auf die Beamten übertragen werden.
- DIE AZUBIS: Die Ausbildungsvergütung soll um insgesamt 100 Euro angehoben werden - 50 Euro zum 1. März 2018 und 50 Euro zum 1. März 2019. Für Azubis wird die Übernahmeregelung bis Oktober 2020 verlängert. Sie bekommen zudem einen weiteren Urlaubstag. (dpa)